Wirtschaft

Steuerentfall durch Internet-Händler

Für Finanzminister Hans Jörg Schelling tut sich eine mögliche Einnahmequelle zur Mitfinanzierung der Steuerreform auf. Aktuelle Zahlen aus dem Finanzministerium, die dem KURIER vorliegen, erhärten den Verdacht, dass ausländische Internethändler zu wenig Umsatzsteuer in Österreich abführen. Wie berichtet, sind Amazon, Zalando & Co. in Österreich mehrwertsteuerpflichtig, weil sie hier keinen Firmensitz haben, entziehen sich aber der Prüfung durch die Finanz.

Einnahmen-Loch

In der Umsatzsteuer-Bilanz von 2013 klafft jedenfalls ein Einnahmen-Loch in dreistelliger Millionenhöhe. Nach Angaben der Finanz haben ausländische Versandhändler 2013 Umsätze in Höhe von rund 2,4 Milliarden Euro netto gemeldet und davon 480 Millionen Euro an Steuern abgeführt. Diese Zahlen weichen erheblich von einer Studie der KMU Forschung Austria über den Internet-Einzelhandel in Österreich ab. Laut Konsumentenbefragung kauften die Österreicher 2013 Waren im Wert von mehr als drei Milliarden Euro netto via Internet im Ausland ein. Es hätten also zumindest 120 Millionen Euro mehr an Umsatzsteuer abgeführt werden müssen. Für Roman Seeliger von der Bundessparte Handel in der Wirtschaftskammer (WKÖ) handelt es sich dabei um eine "absolute Untergrenze", interne Papiere in der WKÖ sprechen von Abweichungen in Höhe von 380 Millionen Euro.

Ungenauigkeit

Im Finanzministerium spricht man von einer "Ungenauigkeit der Schätzung" seitens der KMU Forschung. Es müssten sich auch nur jene Versandhändler in Österreich registrieren, die eine Lieferschwelle von 35.000 Euro überschreiten (Versandhandelsregelung). Für Seeliger macht die Lieferschwelle nur einen sehr kleinen Teil der Abweichungen aus.

Viel mehr bestehe der Verdacht, dass es manche Händler mit der Steuerpflicht nicht allzu ernst nehmen: "Man mus sich schon fragen, wie sonst großzügige Konsumentenrabatte finanzierbar wären".

Kein Info-Austausch

Ausländische Finanzbehörden sind zwar per EU-Verordnung verpflichtet, Versandhändler, die Waren von mehr als 35.000 Euro nach Österreich liefern, automatisch der heimischen Finanz zu melden, allein sie tun es nicht. Amtshilfe gibt es in der Regel nur bei Strafverfahren. Die Betrugsbekämpfung Finanz versucht mit Internetmonitoring, Daten von Paketzustellern sowie dem Zukauf statistischer Materialien von Datenhändlern Schwindlern auf die Spur zu kommen. Nun sollen auch die Außenwirtschaftsstellen der WKÖ verstärkt eingebunden werden und der mangelnde Info-Austausch in Brüssel zur Sprache kommen. Die Grünen bereiten dazu gerade eine parlamentarische Anfrage vor. Seeliger spricht von einem "ungleichen Wettbewerb" zwischen heimischen Händlern und ausländischen Online-Shops, der im EU-Binnenmarkt nicht länger tragbar sei.

Bevollmächtigte

Einen ersten Erfolg gibt es bezüglich Altgeräte-Entsorgung. Amazon trat nach Abmahnung des Umweltministeriums nun doch einem Entsorgungssystem bei und ernannte eine Bevollmächtigte in Österreich, die für die korrekte Altgeräte-Entsorgung verantwortlich ist. Weil die Bevollmächtigte Art, Gewicht und Anzahl der nach Österreich verkauften Waren melden muss, wird Amazon zumindest auf diesem (Um)Weg ein Stück transparenter.

Ranking

Mehr als die Hälfte der heimischen Online-Umsätze von geschätzten 5,9 Mrd. Euro fließt an ausländische Händler. Laut Daten von EHI wurden 2013 allein über amazon.at und amazon.com 384 Mio. Euro umgesetzt. Nummer 2 ist universal.at gefolgt von zalando.at und ottoversand.at

Umsatzsteuer

2013 betrugen die Umsatzsteuer-Einnahmen 25 Mrd. Euro, um 1,2 Prozent mehr als 2012. Erwartet worden waren +2 %. Von Jän. bis Nov. 2014 wurden 23 Mrd. Euro eingenommen (+1 %).