Wirtschaft

Die Sprit-Lügen der Autohersteller

Was Autofahrer mit aufmerksamen Blick auf die Tanknadel vielleicht schon geahnt haben, ist nun anhand einer neuer Studie belegt worden: Autos schlucken mehr Sprit, als die Hersteller angeben. Um ein Viertel höher ist der tatsächliche Verbrauch im Schnitt, weist eine am Dienstag in Berlin vorgestellte Untersuchung des International Council on Clean Transportation (ICCT) aus. Je nach Modell können Normangabe und realer Verbrauch gar um mehr als ein Drittel voneinander abweichen. Vor zehn Jahren lagen die Werte im Schnitt zehn Prozent auseinander.

Das ICCT hat die offiziellen Hersteller-Werte mit dem "tatsächlichen Fahrprofil" von knapp 500.000 neu zugelassenen Pkw in Europa verglichen. Diese Daten wiederum stammen von Autofahrerclubs wie ADAC, Leasingfirmen, Verbraucher-Organisationen oder etwa dem Spritpreisportal spritmonitor.de.

"Sämtliche uns vorliegende Datenquellen bestätigen, dass die Lücke zwischen dem von Herstellern veröffentlichten Kraftstoffverbrauch und dem tatsächlich vom Kunden festgestellten Verbrauch seit Jahren zunimmt", so Peter Mock, ICCT-Geschäftsführer in Europa. Die Ergebnisse seien "beunruhigend". Sie führten zu wachsendem Misstrauen der Kunden und verringerten die Bereitschaft zum Kauf spritsparender Technologien. Auch für die Hersteller selbst sei es problematisch, wenn die Abweichung bei einigen höher sei als bei anderen. Das ist auch der EU-Kommission ein Dorn im Auge – in drei bis vier Jahren sollen "geschönte" Angaben zum Spritverbrauch der Vergangenheit angehören. Ein neuer Testzyklus ab 2016 oder 2017 soll dies möglich machen.

Kritik nicht neu

Die Angaben zum Normverbrauch der Autohersteller standen schon öfter in der Kritik. Vor zwei Wochen erst hat die Deutsche Umwelthilfe untersucht, wie durstig Autos in Wirklichkeit sind und hat sie – alle gesetzlichen Vorschriften beachtend – auf den Rollenprüfstand geschickt. Diese Zahlen wurden dann mit Daten des deutschen Autofahrerklubs ADAC verglichen. Das Ergebnis: Auch hier schluckten Fahrzeuge durchschnittlich um 25 Prozent mehr, als vom Hersteller angegeben. Der ADAC selbst hat mehrmals auf abweichende Werte hingewiesen, geht aber davon aus, dass die Fahrzeugbauer sich an geltendes Recht gelten.

Schließlich würden die Hersteller den Spielraum nutzen, der ihnen gelassen werden, so ein ADAC-Sprecher in München. So werden bei den Tests Türen zugeklebt, Lichtmaschinen wie Klimaanlagen abgekoppelt und Reifen mit ordentlich Luftdruck versorgt. "Die Manipulationen können nur durch Kontrollmessungen unter realistischen Bedingungen im realen Straßenverkehr unterbunden werden", so Verkehrsexperte Axel Friedrich.

Der Verband der Automobilindustrie (VDA) seinerseits verteidigte den gesetzlich geregelten Labortest, denn nur dieser liefere vergleichbare Daten. Mit den ADAC-Auswertungen seien die Ergebnisse aber nicht vergleichbar, hob Sprecher Eckehart Rotter hervor. Er wies darauf hin, dass der Normverbrauch deutscher Autos 2012 bei 5,7 Liter Kraftstoff gelegen habe. 2006 seien es 7,1 Liter gewesen.

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