Sportartikelhandel: Riesen liefern sich hartes Rennen
Von Simone Hoepke
Der Sportartikelhandel ist im Umbruch. Große Hersteller – von Adidas bis Nike – setzen sich in Metropolen mit eigenen Flagshipstores in Szene und machen Händlern Konkurrenz. Kleine Spezialisten spielen in Nischen – wie der Ausstattung von Triathleten – im Match der Handelsketten mit. Und über die gesamte Branche schwappt eine Konsolidierungswelle.
Auch durch Österreichs Sportartikelhandel ging in den vergangenen zwei Jahren ein heftiger Ruck. Für Konsumenten am stärksten spürbar war die Komplettübernahme von Sport Eybl/Sports Experts durch die britische Sports Direct Gruppe im April 2014.
Briten mischen auf
Der neue Eigentümer stellte die Filialen seitdem auf die Diskontschiene um. Damit kennt sich der börsenotierte Konzern, der es europaweit in die Top 3 der Branche geschafft hat, aus. Eybl-Kunden, die auch für hochpreisige Markenartikel viel Geld ausgegeben haben, hat das neue Konzept wohl eher verstört. Branchenschätzungen zufolge hat Eybl seit der Übernahme ein Drittel des Geschäfts verloren. Konkurrenten witterten die Chance, Eybl Marktanteile abzujagen. Intersport buhlte etwa um die Eybl-Kundenkarten-Besitzer und umwarb sie mit einem Einkaufsrabatt in Höhe von 50 Euro. Die Briten waren not amused und reagierten prompt mit einer Klage.
Alfred Eichblatt, Geschäftsführer vom Konkurrenten Hervis, relativiert die Auswirkungen der Übernahme auf die Branche: "Das Wetter hat wesentlich mehr Einfluss als die einzelnen Mitbewerber", meint er. Das zeige auch der Branchenverlauf. Von März bis Oktober hat der Sportartikelhandel noch ein Plus von fünf Prozent ausgewiesen, von November bis Februar hingegen um knapp zehn Prozent weniger umgesetzt als im Vergleichszeitraum 2013. Unterm Strich stand laut Statistik Austria ein Minus von 4,1 Prozent.
Rennen um Läufer
Für Hervis ist 2014 dennoch gut gelaufen. Das Unternehmen meldete in der Vorwoche ein Umsatzplus von 2,4 Prozent auf 425 Millionen Euro. Der Gewinn betrug rund 13 Millionen Euro. Hervis hat in sieben Ländern insgesamt 189 Standorte, davon 87 in Österreich. Im Vorjahr kamen 13 neue Standorte dazu, auch heuer will die Gruppe das Filialnetz weiter ausbauen. Am besten läuft das Laufgeschäft, gefolgt vom Fahrrad- und Outdoor-Geschäft, sagt Eichblatt.
Das Unternehmen, seit 1972 Teil des Salzburger Handelshauses Spar (der Name Hervis kommt vom Namen des ehemaligen deutschen Besitzers HERman VISser), beschäftigt rund 2800 Mitarbeiter, davon rund 200 Lehrlinge. Investiert wurde in den vergangenen Jahren auch in die Verschränkung mit dem Web-Shop. Eichblatt: "Wir glauben, dass eCommerce mehr Chance als Bedrohung ist." Vor allem im preisagressiven Einstiegssegment machen ausländische Billigstanbieter den heimischen Händlern das Leben schwer.
Riesen dominieren
Der österreichische Sportartikelhandel setzte zuletzt knapp 1,6 Milliarden Euro im Jahr um. Die Branche ist stark konzentriert und wird neben Hervis und Sports Direct von Sport2000/Gigasport und Intersport dominiert. An der oberösterreichischen Einkaufsgenossenschaft Sport 2000 sind knapp 500 Geschäfte in Österreich, Tschechien und der Slowakei angeschlossen. Die Gruppe ist vor allem in Tourismusorten stark vertreten. Um im Einkauf eine bessere Verhandlungsposition zu haben, kooperiert Sport 2000 seit Anfang 2013 mit der Gigasport. Der zur Grazer Kastner&Öhler-Gruppe gehörende Sportartikelhändler hat sich Mitte letzten Jahres aus Slowenien zurückgezogen und konzentriert sich nun auf den österreichischen Markt.
Intersport Österreich ist im August 2013 an die deutsche Intersport-Gruppe gegangen. Der gemeinsame Umsatz liegt bei 3,39 Mrd. Euro. Die beiden Verbünde haben Lizenzen für Intersport in Polen, Ungarn, Tschechien und der Slowakei. Für Herbst 2015 sind erstmals gemeinsame Sortimente und Kollektionen für alle sechs Länder abgestimmt.
Früher war meine Sportwelt in Ordnung. Regelmäßige Besuch bei Intersport Eybl bescherten mir die Platin-Kundenkarte, Gutschriften und die lässigste Ausrüstung für welchen Sport auch immer. Der Eybl war das Sportgeschäft meines Vertrauens: weil die VerkäuferInnen kompetent waren, das Sortiment umfassend, die Präsentation der Marken übersichtlich.
Das war vor einem Jahr schlagartig vorbei.
Der Eybl ist nicht mehr. Seit der Übernahme durch Sports Direct sind die Geschäfte zum Diskonter verramscht. Wer einmal dort war, kennt den Unterschied: wenige Mitarbeiter, zu viel beliebige Ware auf zu wenig Platz, die Qualität von Service und Angebot ist gesunken, die Kassen sind jetzt im hintersten Eck des Geschäfts, vollgeräumt mit Plastik-Sporttaschen. Kein Stil, keine Stimmung.
Bemerkenswert ist, wie schnell ein Geschäft seine Identität durch einen neuen Eigentümer verändert. Traurig ist, wie wenig die Briten auf die Bedürfnisse der österreichischen Kunden eingehen, ihr nüchternes Konzept knallhart durchziehen. Man würde glauben, dass man in der Web-Shop-Ära im stationären Handel auf Service und Kundenberatung setzt, anstatt beides abzuschaffen.
In Wien gibt es jetzt nur noch wenige schöne Sportgeschäfte, übrig sind die kleinen Spezialläden. Bleibt nur die Fahrt in den Westen, Richtung Berge: Da gibt es noch in jedem kleinen Ort ein ordentliches Sportgeschäft.