Wirtschaft

Rennen um Laufschuhe

Der österreichische Sportartikelhandel stellt sich neu auf. Eybl wird von Neo-Eigentümer Sports Direct auf Billig-Schiene gebracht. Die Briten stehen für Diskont. In diesem Segment haben sie im abgelaufenen Geschäftsjahr europaweit 2,4 Milliarden Euro verkauft. Das ist mehr, als alle Sportartikelhändler in Österreich zusammen umsetzen (1,58 Mrd. Euro). Viele beratungsverwöhnte Eybl-Kunden verschreckt das Diskont-Prinzip von Sports Direct aber. Schätzungen zufolge macht Eybl 30 Prozent weniger Umsatz als vor der Übernahme. Das Geld ist zu einem guten Teil bei kleinen Konkurrenten gelandet.

"So gut waren die Aussichten für eigentümergeführte Sportartikelhändler schon lange nicht mehr", findet Spartenobmann Ernst Aichinger. Nur noch rund 250 unabhängige Sportartikelhändler gibt es in Österreich. 90 Prozent des Marktes teilen sich die großen vier – Sports Direct (Eybl/Experts), Sport-2000-Händler, Intersport und Hervis – untereinander auf. Und die großen Einkaufs- und Vermarktungsorganisationen wollen noch mehr Kleine unter ihr Dach holen. Neuerdings auch Spezialisten. "Wir wollen kommendes Jahr 15 Bike- und 10 Laufhändler akquirieren, vielleicht sind sogar mehr möglich", kündigt Sport-2000-Chef Holger Schwarting an. Ähnliche Pläne haben allerdings auch die deutschen Konkurrenten Intersport und Sport Extreme.

"Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele solcher Heiratsanträge ich in den letzten 32 Jahren bekommen habe", winkt Tony Nagy ab. Tony’s Laufladen ist eine Institution in Wien. "Heuer werden wir zwischen 10.000 und 12.000 Laufschuhe verkaufen", schätzt Tony N., wie er in der Branche genannt wird. Der Erfolg des Ladens steht und fällt mit dem Verkaufspersonal – und daran "hapert" es bei der Konkurrenz, findet der Lauf-Experte. "Meine Mitarbeiter müssen Matura haben und sich vertraglich verpflichten, jedes Jahr zumindest einen Marathon zu laufen. Aushilfskräfte, die sich verstecken, wenn der Kunde das Geschäft betritt, gibt es in Baumärkten, nicht bei mir." Auch er hat viele Eybl-Kunden bekommen, weiß er aus Gesprächen. Nagy: "80 Prozent unserer Kunden sind Neukunden, die noch nie eine Startnummer umgehängt haben. Von den Marathonläufern allein könnte ich nicht leben."

Sparsame Marken-Hersteller

Einkaufsorganisationen argumentieren, dass es für kleine Händler schwieriger wird, an Markenware zu kommen. Hersteller kürzen die Budgets der Vertriebsmannschaften zusammen, viele haben nur noch einen Showroom für ganz Österreich oder überhaupt den ganzen deutschsprachigen Raum. Riesen wie Nike oder Adidas würden unter einem Mindestumsatz gar nicht mehr liefern, sagt Schwarting. Peter Schnedlitz, Handelsexperte von der WU Wien, hält Letzteres für "Wunschgedanken der Industrie". Schnedlitz: "Ich glaube nicht, dass sie freiwillig auf Umsätze verzichten." Aus der Branche ist zu hören, dass sich kleine Kaufleute auch ohne Einkaufsverband zu helfen wissen. "Da tun sich drei zusammen, einer kauft im größeren Stil bei Puma, der andere bei Adidas und der dritte bei Nike ein."

In Europa ist die Macht der Hersteller übrigens stärker als in den USA, wo sich früh Handelsfilialisten etabliert haben. Während Händler in Europa die Ware in der Regel binnen 30 Tagen bezahlen müssen, bekommen sie US-Händler auf Kommission. Was sie nicht verkaufen, müssen die Hersteller selbst in Outlet-Stores verscherbeln.