Wirtschaft

Spanien lässt Alarmglocken läuten

Wer geglaubt hat, dass mit dem zweiten Rettungspaket und dem Schuldenerlass für Griechenland die Euro-Krise gelöst ist, wurde in den letzten Tagen und Wochen eines Besseren belehrt. Angesichts des "Notfalls Spanien", so bezeichnet der französische EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier die Lage, stehen die Regierungen der Eurozone und die Währungshüter der Europäischen Zentralbank plötzlich vor demselben Problem wie einst mit den Störfällen Griechenland, Portugal und Irland. Es gilt, den Euro zu retten. Der wesentliche Unterschied ist: Spanien ist nach Deutschland, Frankreich und Italien die viertgrößte Volkswirtschaft der Eurozone und braucht allein zur Sanierung seines Bankensektors bis zu 100 Milliarden Euro. Kommt dieses Geld aus dem Euro-Rettungsschirm, obwohl solch direkte Hilfszahlungen gar nicht vorgesehen sind, und in dem Topf nur noch 200 Milliarden Euro vorhanden sind? Oder zieht die EZB demnächst wieder die große Geldspritze auf und flutet die Märkte mit Zentralbank-Milliarden, um so Druck herauszunehmen?

Was in Irland und Portugal ging, muss auch für Spanien möglich sein, sagen die Befürworter direkter Hilfen für spanische Institute wie die notverstaatlichte Bankia. Ganz Spanien muss unter den Rettungsschirm, die Gefahr einer Ansteckung weiterer Euro-Länder wie Frankreich oder Italien ist zu groß, sagen die anderen. Auch der heimische Notenbankchef Ewald Nowotny empfiehlt Spanien, unter den Rettungsschirm zu schlüpfen, um die Bankenkrise zu lösen.

Eigentlich wehrt sich nur noch Spanien selbst gegen Hilfe von außen und weigert sich, formell Hilfe zu beantragen. So sehen es die Regeln der Währungsunion vor, die selbst auf dem Prüfstand stehen. Für viele Experten wie Erste-Chefanalyst Fritz Mostböck ist daher jetzt die Stunde der Eurobonds gekommen, also gemeinschaftlich begebene Staatsanleihen: "Ohne Eurobonds wird die Eurozone nie aus dem Gerede kommen. Es geht um eine Asset-Klasse für einen Währungsraum, wie in den USA. Derzeit haben wir 17 verschiedene."

An schlauen Ratschlägen mangelt es nicht. Auch Standard & Poor’s sagt, was offensichtlich wurde: Spanien hat seine Bankenprobleme zu lange geleugnet. Die EZB versucht, ruhig Blut zu bewahren und hat den Leitzins vorerst bei einem Prozent belassen – auch um ihr Pulver nicht zu früh zu verschießen.

Druck auf eine rasche Lösung der Euro-Schuldenkrise macht der – wahlkämpfende – US-Präsident. Europa müsse, so Obama, vor allem mehr Wachstum schaffen.