So "fair" wird die öffentliche Auftragsvergabe
Von Anita Staudacher
Bei öffentlichen Ausschreibungen soll der Zuschlag künftig nicht mehr ausschließlich an den Billigstbieter gehen, sondern auch an den Punktesieger, sprich Bestbieter. Das neue Vergaberecht, das am Dienstag im Ministerrat verabschiedet wurde, sieht nämlich ein Punktesystem vor, bei dem auch Faktoren wie Umweltbelastung, Qualitätssicherung, kürzere Bauzeiten oder soziale Kriterien wie die Ausbildung von Lehrlingen oder Beschäftigung älterer Mitarbeiter berücksichtigt werden können.
Verpflichtend ist das Bestbieterprinzip jedoch nur bei Bauaufträgen ab einem Auftragswert von einer Million Euro sowie bei bestimmten Dienstleistungen, wie etwa Planungsleistungen von Architekten. Die Gesetzesnovelle soll im Herbst im Parlament beschlossen werden.
Ausnahme
Ausdrücklich ausgenommen ist der Verkehrsbereich, also auch Ausschreibungen von öffentlichen Bus-Verbindungen, was die zuständige Gewerkschaft vida heftig kritisiert. Gerade in der Busbranche würde ein unfairer Wettbewerb überwiegend auf dem Rücken des Personals ausgetragen, meint Gewerkschafter Roman Hebenstreit: "Das Billigstbieterprinzip im Verkehrsbereich zwingt viele Arbeitgeber geradezu zur Kündigung älterer Arbeitnehmer."
Mehr Transparenz
Das neue Vergaberecht soll auch mehr Transparenz bei Subunternehmen schaffen sowie Klein- und Mittelbetrieben (KMU) den Zugang zu öffentlichen Aufträgen erleichtern. Künftig muss eine Firma sämtliche Subunternehmer bekannt geben, mit denen der öffentliche Auftrag später abgewickelt wird. Ein Wechsel der Firmen ist nur mit Zustimmung des Auftraggebers möglich. Dieser muss auch die Subfirmen auf Verstöße gegen das Ausländerbeschäftigungsgesetz und auf Lohn- und Sozialdumping prüfen.
Direktvergabe an KMU
Damit KMU leichter zum Zug kommen, können große Bauvorhaben in Teile zerlegt und jeweils einzeln vergeben werden. Einzelne "Lose" dürfen dabei maximal 20 Prozent der gesamten Projektsumme umfassen. Kleine Firmen wie Maler oder Installateure können dadurch von einer direkten Vergabe profitieren statt als Sub-Firma beschäftigt zu sein.
Beschäftigungseffekt
Die Regierung erhofft sich dadurch einen wichtigen Beitrag zur Beschäftigung, der vor allem kleinen, regionalen Unternehmen zugutekommt. Die Wirtschaftskammer zeigt sich zwar erfreut über die besseren Wettbewerbschancen für KMU, fordert aber zusätzlich die Übernahme der so genannten "Schwellenwerteverordnung" ins Dauerrecht. Durch die Schwellenwerteverordnung können Bund, Länder und Gemeinden Aufträge bis zu einem Wert von 100.000 Euro direkt an Betriebe vergeben. Für bis zu einer Million Euro reicht ein nicht-öffentliches Vergabeverfahren ohne Bekanntmachung. Der Arbeiterkammer geht die Novelle nicht weit genug, sie hätte das Bestbieterprinzip gerne bei allen öffentlichen Aufträgen verwirklicht.