Wirtschaft

Siemens soll Franzosen helfen

Tausche Zug gegen Windpark. Bei den Franzosen soll die Verkehrstechnik, bei den Deutschen die Energietechnik angesiedelt werden und gemeinsam schmiedet man eine Art "Euro Elektrik" gegen den mächtigen US-Industriegiganten General Electric (GE). So einfach stellt sich der deutsche Siemens-Konzern seinen Schachzug im Übernahmepoker um den französischen Technologieriesen Alstom vor. Siemens bot sich am Wochenende spontan als Retter von Alstom an, nachdem GE ein Auge auf die schwächelnde Energiesparte von Alstom geworfen hatte und ein Milliardenoffert legte.

Beim Poker um Alstom geht es um weit mehr als um eine weitere Marktkonzentration. Es geht um die weltweite Vorherrschaft bei Energie- und Verkehrstechnik, die Zukunft des Industriestandortes Europa und damit letztlich um den Erhalt Tausender Arbeitsplätze. Nicht zuletzt deshalb wird der Deal auch politisch entschieden. Eine Übernahme ohne den Segen der Politik gilt als ausgeschlossen.

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Alstom ist in Frankreich ähnlich wie Siemens in Deutschland eine Art nationales Industrie-Heiligtum und stark von öffentlichen Aufträgen abhängig. Die französische Regierung will die geplante Übernahme durch GE daher verhindern und – mangels anderer Alternativen – auch mit Siemens verhandeln. Frankreichs Wirtschaftsminister Arnaud Montebourg bezeichnete es als "inakzeptabel", dass ein Großteil von Alstom von den USA aus geführt werde. Am Montag sprachen daher nicht nur GE-Boss Jeffrey Immelt, sondern auch Siemens-Chef Joe Kaeser bei Präsident Francois Hollande vor.

ICE-Manöver

Während die Amerikaner mit der Energiesparte von Alstom vor allem Technologie zukaufen wollen, etwa im Bereich Windparks, soll Siemens im Gegenzug Teile seiner Mobilitätssparte zur Verfügung stellen. Laut Informationen der Süddeutschen Zeitung sind die Münchner bereit, die Transportsparte inklusive Fertigung des Hochgeschwindigkeitszuges ICE an die Franzosen abzugeben. Im Gegenzug würde Siemens die Energiesparte von Alstom übernehmen. Ob davon auch Siemens Österreich betroffen wäre, ist noch unklar. Immerhin ist Wien Kompetenzzentrum des Konzerns für Personenbahnen. Mehr als 4000 Beschäftigte arbeiten in der Mobilitätssparte. Siemens-Betriebsrat Friedrich Hagl ist vom Tauschhandel mit den Franzosen wenig begeistert: "Das wäre aus österreichischer Sicht sehr schlecht." Auch Alstom baut Züge.

Der Siemens-Aufsichtsrat in München will am Dienstag, entscheiden, ob er ein Angebot für Alstom legt. Fraglich ist, ob die Kartellwächter dem Deal zustimmen würden. Im Falle des Verkaufs der IT-Sparte SIS an die französischen Atos 2010 gab es keine Bedenken. Als Käufer der Energiesparte war Siemens bereits 2004 in Gespräch, der Deal scheiterte aber just am Widerstand des damaligen Präsidenten Sarkozy.

Jobabbau

Mit oder ohne Alstom: Im Mai werden bei Siemens strategisch neue Weichen gestellt, Konzernchef Kaeser wird diese am 7. Mai verkünden. Die vier großen Sektoren sollen aufgelöst und damit Hierarchie-Ebenen eingespart werden, mutmaßt das manager magazin unter Berufung auf Topmanager. Der Umbau kostet weitere Jobs, in Summe dürfte eine mittlere bis höhere vierstellige Zahl von Stellen wegfallen. Betriebsrat Hagl will von einem weiteren Jobabbau noch nichts gehört haben. Offiziell verkündet soll auch der Käufer der Linzer Metallurgiesparte VAI werden. Es dürfte sich dabei um den japanischen Mitsubishi-Konzern handeln.

Fakten: Dreikampf um die Energie-Technik

Alstom: 20,3 Mrd. € Umsatz, 93.000Mitarbeiter,stark im Turbinenbau, Schnellzug TGV.

Siemens: 75,8 Mrd. € Umsatz, 362.000 Mitarbeiter,stark bei Infrastruktur, Medizin- und Verkehrstechnik, Schnellzug ICE.

General Electric: 106 Mrd. €Umsatz, 307.000 Mitarbeiter, stark bei Flugzeugtechnik, Gasturbinen und Medizintechnik.