Wirtschaft

Wolf: "Mit Parteipolitik hab’ ich ein Problem"

KURIER: Wegen des Chaos bei der OMV fällt die halbe Republik über die ÖIAG her. Sie werden zugeben müssen, dass die Demontage von OMV-Chef Roiss und von Gas-Vorstand Floren suboptimal war.

Siegfried Wolf: Zuerst zur Klarstellung: Die ÖIAG ist ein 31,5-Prozent-Aktionär der OMV und wie Sie wissen, im Rahmen eines Syndikatsvertrages mit der IPIC in wesentlichen Fragen wie z. B. Strategien und Vorstandsangelegenheiten seit mehr als 20 Jahren gebunden. Die ÖIAG muss in diesen Fragen mit dem Syndikatspartner IPIC eng abgestimmt vorgehen und beide – ÖIAG und IPIC – sind nicht Alleineigentümer.

Daher hat der Aufsichtsrat der OMV die Verantwortung für Personalangelegenheiten dieses börsennotierten Unternehmens. Dieser Aufsichtsrat hat sich die Entscheidungen sicherlich nicht leicht gemacht und hat die Auflösung des Vertrages von Herrn Roiss einstimmig beschlossen. Einstimmig heißt: Mit den Stimmen der Belegschaftsvertreter.

Schauen Sie sich den seit mehr als einem Jahr konstant sinkenden Kurs der OMV-Aktie an, während die Kurse der Mitbewerber steigen. Der Aktienkurs des Unternehmens ist sein Spiegel-bild. Wenn sich ein derart gewaltiges Unternehmen wie die OMV so darstellt und es in diesem schwierigen Umfeld auch noch zu Unstimmigkeiten im Vorstand kommt, muss man darüber nachdenken, was da los ist. Dieser Aufgabe hat sich der OMV-Aufsichtsrat seit Monaten gestellt.

Aber die Vorgangsweise war doch höchst unprofessionell.

Die mediale Schlammschlacht ist natürlich ein Chaos und das Bild in der Öffentlichkeit ist nicht positiv. Die Kommunikation ist verbesserungsfähig. Ich verstehe auch die Politik, wenn sie in dieser aufgeheizten Atmosphäre Kritik übt, doch das Aktiengesetz ist einzuhalten. Sonst hat man ja sofort eine Klage eines Aktionärs. Die OMV muss sich dauernd einer veränderten geopolitischen Situation anpassen. Dafür braucht es eine Führungsmannschaft, die zusammen arbeitet. Das beste Team, das gemeinsam die Weichen stellt.

Warum hat der Aufsichtsrat der OMV dann den Vertrag von Roiss erst im September 2013 und von Floren im Frühjahr 2014 verlängert? Jetzt haben wir ein beschädigtes Unternehmen und beschädigte Manager, deren Abgang Millionen kostet.

Diese Frage müssen Sie dem Aufsichtsrat der OMV stellen. Die Streitereien im Vorstand wurden seit Monaten medial ausgetragen.

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Ihre Nähe zu Putin und ihre Spitzenfunktion im Konzern des Oligarchen Deripaska ist den österreichischen Politikern unheimlich. Viele befürchten, Sie würden im Hintergrund den Ausstieg der Abu Dhabis und Einstieg der Gazprom bei der OMV vorbereiten. Weil Ihnen die Interessen Russlands näherstehen würden als die Österreichs.

Diese gezielten und wiederholten Unterstellungen und die Platzierung dieses Gerüchts machen es auch nicht wahr – im Gegenteil. Erstens hätte die ÖIAG in diesem Fall ein Vorkaufsrecht. Zweitens bin ich ein bekennender und überzeugter Österreicher. Für den unwahrscheinlichen Fall eines Gazprom-Interesses würde ich mich, wie mehrfach öffentlich bekundet, im Aufsichtsrat der ÖIAG meiner Stimme enthalten. Wahrscheinlich bin ich dem einen oder anderen ein Dorn im Auge, weil ich nicht nach der Pfeife von irgend jemandem tanze. Ich lasse mich nicht von irgendwelchen Leuten in eine Richtung treiben. Ich sitze für alle österreichischen Steuerzahler in der ÖIAG. Bei fremden Eigentum handle ich noch sorgfältiger, als wenn es um mein Eigentum ginge.

Kommende Woche entscheidet der Aufsichtsrat, wie lange der Vertrag von ÖIAG-Chef Rudolf Kemler noch läuft. Stehen Sie noch hinter ihm?

Ich beteilige mich nicht an öffentlichen Diskussionen. Damit haben andere schon genug Schaden angerichtet. Die zuständigen Gremien der ÖIAG werden entscheiden.

Wie sehen Sie die Pläne der Regierung über die ÖIAG neu, also Reformierung und Aufwertung.

Das halte ich für absolut notwendig und unterstütze es. Ich habe sofort nach meiner Bestellung mit dem damaligen Vizekanzler und Finanzminister Spindelegger begonnen, Strukturen, Konzepte und Ideen für eine ÖIAG neu zu entwickeln, die nicht auf Personen, sondern auf die nachhaltige Entwicklung der Beteiligungen der Republik Österreich aufbaut. Sinnvoll wären zwei bis drei Untergesellschaften mit einer Holding darüber. In die erste Gesellschaft sollten die börsennotierten Gesellschaften kommen. In die zweite alle Infrastrukturbereiche und die Verteilnetze. Im Vorfeld müsste klar sein, dass der Staat 51 Prozent daran hält. Es gibt genug privates Kapital, das sich dann an einer solchen Gesellschaft beteiligen würde, falls notwendig.

Die Politik will die Selbsterneuerung des Aufsichtsrates kippen und selbst entscheiden.

Glauben Sie tatsächlich, dass ich in meiner Funktion als Vorsitzender Aufsichtsrats-Besetzungen der ÖIAG nicht mit den Verantwortlichen der Regierung abgesprochen habe? Jedes Aufsichtsrats-Mitglied hat ein Vorschlagsrecht, diese Vorschläge wurden im gesamten Aufsichtsrat diskutiert und anschließend an den zuständigen Finanz-Minister kommuniziert und abgestimmt. Bei jenen Kandidaten, für die es keine Zustimmung im Aufsichtsrat gab, wurden die Nominierungen zurückgezogen. Alle Aufsichtsrats-Mitglieder der ÖIAG sind erfolgreiche Persönlichkeiten und in ihren Kompetenzen unbestritten.

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Befürchten Sie, dass die Parteipolitik in der ÖIAG neu wieder fröhliche Urständ feiert?

Österreich muss aufpassen, Unternehmen und Gesetze nicht nach Personen auszurichten. Zuerst braucht es eine klare Strategie, wohin man will, und eine Struktur. Erst nachher sollte man über Namen diskutieren. Es muss auch verhindert werden, dass der Aufsichtsrat bei einer neuen Regierung umgefärbelt wird. Dass nur wegen der politischen Farbenlehre wieder neue Leute hineingesetzt werden. So lange die Regierung ihre Funktion wahrnimmt, habe ich kein Problem. Mit Parteipolitik hab’ ich eines.

Ihr Mandat an der ÖIAG-Aufsichtsratsspitze läuft im Frühjahr 2016 aus. Man hört, Sie würden gerne länger bleiben.

Wenn die Rahmenbedingungen passen, mein Know-how gefragt ist und die Parteipolitik nicht hineinregiert, stehe ich für eine Verlängerung zur Verfügung. Für politische Spiele bin ich nicht zu haben. Ich stehe jedoch voll und ganz zur Umsetzung jener Ziele und Strategien, die mit der Regierung als Eigentümer abgestimmt sind.

Glauben Sie, dass die Regierung Sie länger haben will?

Diese Frage müssen Sie den zuständigen Personen unserer Regierung stellen.