Wirtschaft

Showdown bei den Mobilfunkern

Zu teuer, ganz klar“. Telekom-Analyst Bernd Maurer rechnet vor, was den drei heimischen Mobilfunkern selbst auch schon gedämmert ist. Insgesamt 2,014 Milliarden Euro legen die teilstaatliche, börsenotierte Telekom Austria, T-Mobile (Deutsche Telekom) und „Drei“ (Hutchison) im Wettbieten um die Mobilfunkfrequenzen ab. Eine Milliarde Euro über den Markt-Schätzungen, meint Maurer, „aber sie mussten kaufen, sonst könnten sie das Geschäft nicht weiter betreiben“.

22 Tage lang ritterten die drei Konkurrenten um die überlebenswichtigen Frequenzen. Als am 21. Oktober das Ergebnis feststand, schwärmte Telekom-Regulator Georg Serentschy von einer „technisch und organisatorisch hervorragenden“ Auktion und attestierte den Bietern „extrem professionelles Verhalten“. Österreich sei „ein Vorzeigeland des Mobilfunks“.

Das sehen die Unternehmen ganz anders. Nach einer Schrecksekunde beschwerten sich alle über „Erlösmaximierung jenseits jeder wirtschaftlichen Vernunft“. Im zehn Mal größeren Markt Deutschland mussten die Bieter nur vier Milliarden Euro hinblättern. International verglichen seien die Frequenzen in Österreich am teuersten (siehe Grafik) und die Kunden-Tarife am niedrigsten. Stimmt schon, doch für die Dumping-Preise ist die Branche, die sich gnadenlos um jeden Kunden matcht, selbst verantwortlich. Der ARPU (Average revenue per user) sinkt seit Jahren.

Alle Inhalte anzeigen

Verärgerte Aktionäre im Genick, bemühen sich die Bieter nun um Schadensbegrenzung. T-Mobile und „Drei“ haben bereits ihren Einspruch vor dem Verwaltungs- und dem Verfassungsgerichtshof angekündigt. Die Telekom entscheidet demnächst.Die Mobilfunker schießen sich auf Serentschy ein und werfen ihm Intransparenz vor. Die Auktion habe die Preise „deswegen in solche schwindelerregenden Höhen getrieben, weil es möglich war, dass zwei Bieter den dritten k.o. schlagen“, empört sich T-Mobile-Chef Andreas Bierwirth. Wer keine Frequenzen bekommen hätte, hätte „in einigen Jahren nicht mehr tätig sein können. Darum musste jeder bis zur Höhe des Wertes des Unternehmens bieten.“ Was, monieren alle Bieter, eindeutig dem Auftrag des Telekommunikationsgesetzes widerspreche. Intention des Gesetzes sei ein „fairer Marktpreis“. „Formal und inhaltlich rechtswidrig“, schäumt „Drei“-Chef Jan Trionow. Telekom-Aufsichratspräsident Rudolf Kemler ist „erschüttert von der Ignoranz und Nichtkommunikation“ der Telekom-Kommission bei der Anhörung der Bieter vor dem Wettsteigern. Bierwirth pflichtet dem Chef der Staatsholding ÖIAG-Chef bei: „Augen zu und durch vor der Auktion, Klärung der strittigen Punkte nachher.“ T-Mobile sieht sich „kalt enteignet. Es wurden Frequenzen für den Zeitraum 2016 bis 2018 neu verkauft, für die wir ohnehin bis Ende 2019 das Nutzungsrecht haben und schon Millionen bezahlten“. Serentschy, der mit Ende Jänner als Regulator abtreten muss und den SP-Infrastrukturministerin Doris Bures noch die Auktion durchziehen ließ, hat sich das Ende seiner Karriere vermutlich nicht als Buhmann vorgestellt. Er gibt sich trotzdem gelassen: „Meine emotionale Lage ist ausgeglichen, ich bin unbeeindruckt.“ Und schießt zurück: „Die Bieter sind selbst verantwortlich für das Ergebnis. Sie haben sich in eine Dynamik hineingesteigert, offenbar auch getragen von der Absicht, es den Rivalen teuer zu machen.“ Es galt, mögliche Absprachen zu verhindern.Gezahlt werden muss noch heuer. Die Telekom, die nach der Versteigerung von den Ratingagenturen degradiert wurde und nur noch eine Stufe über Junk-Bond-Status rangiert, finanziert den teuren Auktionserfolg mit einer Anleihe über 750 Millionen Euro. Die Frequenzen kosten die Telekom eine Milliarde Euro. Zum Vergleich: Derzeit beträgt der Börsewert des mehr als 16.000 Mitarbeiter großen Konzerns 2,5 Milliarden Euro. Jetzt rächt sich die großzügige Dividendenpolitik der Vergangenheit. Die Verschuldung ist auf knapp 4 Milliarden Euro gestiegen, für Akquisitionen ist kein Geld mehr in der Kasse. Weshalb America Movil auf eine Kapitalerhöhung drängt. Der Konzern des Mexikaners Carlos Slim ist zweitgrößter Aktionär. Die ÖIAG ziert sich noch.

Auch die Konkurrenz hat veritable Probleme. T-Mobile muss 654 Millionen Euro hinblättern und steht angesichts der bescheidenen Rendite in Österreich ohnehin auf dem Standort-Radar der deutschen Mutter. „Drei“ hat zu wenig Frequenzen ergattert, um weiterhin die Rolle des Angreifers im Markt zu spielen. Davon abgesehen müssen alle Anbieter zusätzlich noch zig-Millionen in die neue Technologie investieren.

Die Hälfte des Versteigerungs-Erlöses soll ins allgemeine Budget fließen, die zweite Hälfte bleibt im Budget des Infrastrukturministeriums. Damit sollte die Aufrüstung Österreichs mit Breitband gefördert werden. So wurde es im Bundesfinanzgesetz festgeschrieben. Das war jedoch lange vor der Auktion, damals kalkulierte die Regierung mit einem Körberlgeld von 526 Millionen plus ein paar Zerquetschten.

Österreich hat angeblich kein Budgetloch – was ist das überhaupt? – doch die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass fast die gesamte Summe im Staatshaushalt versickert. „Gut möglich. Wenn’s kein Belastungspaket geben soll, brauchen wir jeden Euro“, hört man von den Regierungsverhandlern.

Ministerin Bures träumt immer noch von der „großen, digitalen Offensive“ und der Milliarde. Kann nur Naivität sein. Niemand würde ihr unterstellen, dass sie der Telekom-Industrie und den Gemeinden wider besseres Wissen falsche Hoffnungen macht.

Die Kunden dürfen sich auf steigende Preise einstellen. Was sich die Steuerzahler bei der Sanierung des Budgets möglicherweise ersparen, werden sie künftig über höhere Handy- und Online-Tarife wieder ausgeben. Und 28,4 Prozent der Telekom gehören dem Staat. Die teuren Frequenzen werden sich wohl auf die künftigen Dividenden niederschlagen müssen. Alles irgendwie eine Form der Umverteilung.

Mit dem Smartphone oder Notebook unterwegs im Internet surfen ist mittlerweile in Österreich weit verbreitet. Das Datenvolumen hat sich in den vergangenen eineinhalb Jahren verdoppelt. Um dem Bedarf gerecht zu werden, benötigen die Mobilfunker zusätzliche Frequenzen.

Zudem gibt es eine neue Technik namens LTE (Long Term Evolution), die die Geschwindigkeit beim mobilen Surfen im Endausbau versiebenfachen soll. LTE wird über frühere TV- sowie Handy-Frequenzen laufen, die noch von den bisherigen Standards GSM und UMTS genutzt werden.

Kampf um Kunden

Diese Frequenzen wurden nun in Österreich versteigert. Am interessantesten waren dabei die alten TV-Frequenzen im 800-Mhz-Bereich. Die meisten davon hat die Telekom Austria (TA) erworben, ein Teil auch T-Mobile. „Drei“ ging leer aus, was Experten als erheblichen Nachteil im Kampf um Kunden sehen. Denn dieser Frequenzbereich ist für die LTE-Technik am geeignetsten.

Laut RTR können 541 Gemeinden in Österreich, vor allem im Burgenland, Niederösterreich und der Steiermark, die derzeit noch schlecht mit mobilem Breitband versorgt sind, künftig so erschlossen werden.

Die Nutzer benötigen dazu aber ein LTE-fähiges Handy, die derzeit noch teurer sind, sowie einen LTE-Tarif. Dieser kostet etwa bei der TA zehn Euro im Monat zusätzlich. Trotz der Einsprüche gegen die Versteigerung wollen die Betreiber den LTE-Ausbau unvermindert fortsetzen.