Shoppingtour am Datenhighway
Von Simone Hoepke
Den Lebensmitteleinkauf quasi im Vorbeigehen erledigen – das ist in Südkorea schon möglich. Der Lebensmittelhändler Tesco hat an einer U-Bahn-Station in Seoul einen virtuellen Shop eingerichtet. Soll heißen: Eine Wand, an der Supermarktregale im 1:1-Maßstab, vollgestopft mit Artikeln und deren Barcode, abgebildet sind (siehe Bild unten).
Szenenwechsel: In Toulouse muss man für den Wocheneinkauf weder in die U-Bahn einsteigen noch aus dem Auto aussteigen. Zumindest wenn man Milch, Eier, Wein und einen der mehr als 7000 Artikel online bei Auchan’s Chronodrive bestellt hat. Bereits 90 Minuten nach Bestellung sind die Einkaufssackerln bei einem Drive-in abzuholen. Ein ähnliches Service bietet Tesco in Großbritannien.
Probeläufe
„Derzeit wird viel ausprobiert. Sicher ist, dass das Internet künftig die Eingangstür zum Kaufakt sein wird“, ist Peter Györffy, Handelsexperte und Chef der Unternehmensberatung Conplementation, überzeugt. Smartphones und Tablets treiben die Entwicklung an.
Derzeit werden neun Prozent der weltweiten Handelsumsätze übers Internet abgewickelt. Experten gehen davon aus, dass es spätestens in zehn Jahren 25 Prozent sein werden. „In zwei Jahren werden mehr als 50 Prozent der Einzelhandelsumsätze vom Internet beeinflusst sein“, sagt Györffy. Schon heute würde es kaum mehr Leute geben, die ein Auto kaufen, ohne zuvor einen Blick ins Internet zu werfen.
Zurück zum Basar
Preisvergleiche durch langwierige Angebotsvergleiche in den Geschäften werden wohl bald antiquiert sein. Smartphones schaffen mit Preisvergleich-Apps Abhilfe. Auch hier gilt: Barcode scannen und checken, ob es das Produkt in der Umgebung billiger gibt. „In Großbritannien funktionieren solche Apps speziell im Elektrohandel schon gut“, weiß Györffy. Bei uns sind sie oft noch eine Enttäuschung, weil wenige Händler die Datenbanken füttern und diese damit wenig aufschlussreich sind. Trotzdem: Konsumenten kommen immer besser informiert ins Geschäft und lassen sich immer weniger einreden. Experten meinen, dass das Preisfeilschen wie am Basar wieder zum Thema wird. Schließlich weiß der Kunde genau, wo es welches Produkt zu welchem Preis gibt.
Derzeit wird das Internet primär als Informationsmedium genutzt. Aber 2,5 Millionen Österreicher haben auch schon online gekauft. Die Österreicher geben derzeit geschätzte 4,5 Milliarden Euro jährlich per Mausklick aus, etwa die Hälfte davon bei ausländischen Anbietern, vor allem Amazon und Otto-Versand. Österreichische Händler setzen derzeit knapp drei Milliarden Euro online um – das entspricht fünf Prozent des Handelsumsatzes.
In unseren Breiten gehört man ja nicht so gern zu den Lulus, aber auf Englisch verweist das Wort auf eine außergewöhnliche Person oder Idee. Da gehört man dann doch gern dazu. Die Adresse lulu.com ist bei Jungautoren ziemlich angesagt. Vor allen bei jenen, die nicht lange bei Verlegern Klinken putzen, aber trotzdem ihr Werk einem breiten Publikum zugänglich machen wollen.
Auf lulu.com darf jeder seine selbst verfassten Bücher online veröffentlichen und bei Bedarf zwischen zwei Buchdeckel pressen. Das neue Schlagwort für Neo-Autoren heißt „Print on Demand“. Dahinter verbirgt sich das Geschäftskonzept, dass Bücher erst dann gedruckt werden, wenn sie auch tatsächlich bestellt werden. Das Risiko, auf Kisten voller nicht gewollter Bücher sitzen zu bleiben, entfällt.
Romane fürs Web
Spätestens seit die Britin E. L. James mit „50 Shades of Grey“ die internationalen Bestsellerlisten des Buchhandelsketten eroberte, ist klar, dass Bücher in den Weiten des Webs nicht nur untergehen, sondern auch senkrecht nach oben starten können. Zunächst gab es die Erotik-Romane von James nur im Internet, dann als E-Book und schließlich als gedrucktes Werk. Den Verlagen bleibt mittlerweile nichts anderes übrig, als in der digitalen Welt nach potenziellen Bestsellern zu suchen. Im Fall von „50 Shades of Grey“ sicherte sich Random House, weltweit die Nummer eins im Buchgeschäft, die Rechte. In Österreich wurden Verlage zuletzt unter anderem auf die Niederösterreicherin Mela Wagner aufmerksam, deren E-Book mit dem Titel „Restart“ mittlerweile auch als Taschenbuch erhältlich ist.
Es bewegt sich viel im Blätterwald. Dafür hat verkaufsseitig der US-Versandhändler Amazon gesorgt. Rund ein Fünftel der 770 Millionen Euro, die in Österreich für Bücher ausgegeben werden, fließt auf das Konto eines Webshops. Der Großteil davon zu Amazon – auch weil die heimischen Buchhändler erst langsam ihre Webshops hochfahren.
Der Trend wird wohl weiter hin zur Online-Bestellung gehen – in den USA macht der Internethandel in der Branche bereits rund ein Drittel des Branchenumsatzes aus. Die riesigen Buchtempel erweisen sich immer öfter als unrentabel. Branchenprimus Thalia geht mittlerweile dazu über, sich Untermieter für seine Flagshipstores zu suchen – wie DiTech und Manner.
E-Books als Renner
Die zunehmende Verbreitung von Tablet-Computern, auf denen E-Books leicht lesbar sind, treibt den Trend zum digitalen Buch weiter voran. „E-Books sind eine Multimilliarden-Dollar-Kategorie für uns und sie wächst schnell – etwa 70 Prozent im vergangenen Jahr“, erläutert Amazon-Chef Jeff Bezos, wohin die Reise geht.
Nach oben ist tatsächlich noch Luft. In Österreich liegt der Umsatz-Anteil von E-Books derzeit unter der 5-Prozent-Marke. Nur fünf Prozent der über 15-jährigen Österreicher sind laut Statistik Besitzer eines E-Book-Readers.