Wirtschaft

Semperit: Neuausrichtung nach Fahnemann-Abgang

Beständigkeit zählt nicht zu den Markenzeichen des Spitzenmanagers Thomas Fahnemann. Nach seinen vorzeitigen Abgängen als Vorstandschef bei Lenzing und RHI streift der 56-jährige Deutsche jetzt auch den Gummi-Handschuh beim niederröstereichischen Industriekonzern Semperit ab. Am Mittwoch legte er überraschend seine Funktion als Vorstandsvorsitzender mit sofortiger Wirkung zurück. Sein Vertrag wäre noch bis Ende 2019 gelaufen. Er wolle sich einer „anderen beruflichen Herausforderung“ stellen, hieß es offiziell. Wieder einmal.

Ganz freiwillig dürfte der jähe Abgang des selbstbewussten Managers nicht erfolgt sein. Die Semperit-Eigentümervertreter um die B&C Industrieholding wollen schon in den nächsten Wochen seinen Nachfolger präsentieren. Dieser soll – ist aus dem Unternehmen zu hören – eine von den Eigentümern gewünschte Neuausrichtung der global tätigen Semperit-Gruppe einleiten. Statt der unter Fahnemann vorangetriebenen Expansionswut soll es weniger, dafür profitablere Bereiche geben. Größte Baustelle ist das zuletzt schwächelnde Geschäft mit Untersuchungs- und Schutzhandschuhen (Sparte Sempermed). Das am Mittwoch offiziell beendete Joint-Venture in Thailand verschlang nicht nur viel Geld für den jahrelangen Rechtsstreit, sondern kostete auch Reputation und Kapazitäten. Um gegen wachsende Billig-Konkurrenz aus Fernost bestehen zu können, pumpte Fahnemann zuletzt massiv Geld in den Ausbau des Standortes in Malaysia. Bisher mit wenig Erfolg.

Erträge sinken

„Die frühere Ertragsperle Sempermed hat sich massiv verschlechtert“, bestätigt RCB-Analyst Markus Remis und verweist auf hohe Anlaufkosten sowie gestiegene Energie- und Personalkosten in Malaysia. Nach schwacher Bilanz 2016 und enttäuschendem Ausblick stuften RCB und HSBC die Semperit-Aktie von „Kaufen“ auf „Halten“ zurück. Kleinanleger-Vertreter Wilhelm Rasinger weint Fahnemann keine Träne nach. Sein „eroberisches Auftreten“ habe dem Unternehmen nicht nur genutzt, in Ländern wie Thailand sei auch Fingerspitzengefühl gefragt. Es gehe nicht nur um Größe und Mengen, sondern auch um Weiterentwicklung und Profitabilität.

800 Beschäftigte in Österreich

Die Semperit-Gruppe beschäftigte 2016 weltweit 6974 Mitarbeiter, davon rund 3900 in Asien und mehr als 800 in Österreich. Zur Gruppe gehören weltweit 22 Produktionsstandorte.Neben Untersuchungs- und Operationshandschuhen stellt das Unternehmen unter anderem Hydraulik- und Industrieschläuche, Födergurte und Rolltreppen-Handläufe her. 2013 lag die Mitarbeiteranzahl inklusive Thailand noch bei 10.276.