Scholz fordert von London Einhaltung des Brexit-Abkommens
Der deutsche Finanzminister Olaf Scholz (SPD) hat Großbritannien aufgefordert, von den geplanten Änderungen an dem mit der EU geschlossenen Brexit-Abkommen abzusehen. "Verträge müssen befolgt werden", sagte Scholz beim Treffen der Finanzminister der Eurozone am Freitag in Berlin. Es sei klar, dass "sich jeder an das halten muss, was er bereits vereinbart hat".
Die britische Regierung hatte diese Woche überraschend angekündigt, einseitig den im Jänner verabschiedeten Brexit-Vertrag ändern zu wollen. Dabei geht es um die Aussetzung von Zollregelungen im Warenhandel für die Provinz Nordirland und von Vorgaben zu Staatsbeihilfen für britische Unternehmen.
Auch Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire kritisierte das britische Vorgehen. "Wir werden nichts akzeptieren, was den europäischen Binnenmarkt gefährden oder schwächen könnte", sagte er in Berlin.
Die EU-Kommission hatte London am Donnerstag aufgefordert, das umstrittene Änderungsvorhaben bis spätestens Ende des Monats zurückzuziehen. Die britische Regierung hatte dies jedoch zurückgewiesen.
Österreichs Finanzminister Gernot Blümel sagte in Berlin, der ganze Brexit-Verhandlungsprozess erinnere ihn "ein wenig an den Film 'Und täglich grüßt das Murmeltier'". "Immer wenn man einen Fortschritt erreicht, ist es dann irgendwann Großbritannien, die das Zugesagte dann nicht einhalten wollen." Die britische Seite müsse sich nun überlegen, "wie ernst man das Ganze meint".
In Brüssel wird das Änderungsvorhaben auch als Belastung für die laufenden Verhandlungen über die künftigen Beziehungen und ein Handelsabkommen gesehen. Sie müssen bis spätestens Mitte November abgeschlossen werden, damit bis Jahresende ein Abkommen steht, wenn Großbritannien auch den Binnenmarkt und die Zollunion verlässt. Sonst gehen im beiderseitigen Handel wieder die Zollschranken herunter.
Scholz betonte, es gebe noch "viel Arbeit", um eine Vereinbarung mit Großbritannien zu erreichen. Nach seiner Einschätzung müssten solche Verhandlungen "bis zum letzten Moment" geführt werden. Die EU müsse dabei aber in ihrer Position "sehr klar" sein.