Warum Öl-Multis Ternitz kennen
Von Irmgard Kischko
Wenn es um Ölförderung geht, spielt Österreich international höchstens eine Mini-Rolle. Wenn die Ölbohr-Unternehmen dieser Welt aber eine neue Förderausrüstung brauchen, dann spielt das kleine Land plötzlich eine große Rolle. Genauer gesagt: die Produktionsstätten von Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipments im niederösterreichischen Ternitz.
Das Vorprodukt, die Stahlstangen, werden vom Edelstahlwerk Böhler in Kapfenberg geliefert. „Amagnetisch müssen diese Rohlinge sein, also nicht magnetisierbar“, erklärt Schoeller-Bleckmann-Chef Gerald Grohmann den ersten Produktionsschritt in Ternitz. Das ist wichtig, weil in die Rohre später Hightech-Elektronik eingebaut wird, die die Bohrstränge unterirdisch steuert. Magnetismus könnte den dort installierten Kompass stören.
„Für uns ist alles kalt, was nicht glüht“
Eine exakte Mischung aus Legierungsmetallen bringt diese Amagnetisierung zustande. Dann werden die Bohrstränge kaltgeschmiedet, um die notwendige Festigkeit für das Bohrloch zu erlangen. Kalt ist in in der Stahlbranche ein sehr dehnbarer Begriff. „Für uns ist alles kalt, was nicht glüht“, erklärt Grohmann. Und wenn die Rohre dann amagnetisch sind und die notwendige Festigkeit besitzen, kommt die heikelste Arbeit: Mit höchster Präzision wird gefräst, gebohrt, gedreht. Die Ausrüstung wird exakt nach jenen Anforderungen gefertigt, die die Kunden verlangen. Für jedes Kabel, jedes elektronische Gerät muss das Rohr eine entsprechende Ausnehmung haben.
Fehler sind teuer
„Auf Ölplattformen, deren Betrieb pro Tag fast eine Million Dollar kostet, ist diese Qualität entscheidend. Wenn in zehn Kilometern Tiefe ein Teil versagt, steht die Plattform. Das kostet Millionen“, sagt Grohmann. Und er verrät das Geheimnis der jahrelangen Spitzenstellung am Weltmarkt für Ölfeldausrüstung: „Wir sind der Konkurrenz immer um zwei bis drei Jahre voraus.“
Das heißt aber auch: permanent weiterentwickeln, permanent forschen und verbessern. Dabei entstammt das Wunderwerk der Ternitzer Ölfeld-Stränge weniger dem Hirnschmalz von Forschern und Ingenieuren als der Findigkeit der Mitarbeiter. Forschung und Entwicklung ist bei Schoeller-Bleckmann keine eigene Abteilung. „Das ist Teil des Tagesgeschäfts“, sagt Grohmann.
Die 400 Mitarbeiter am Standort im südlichen Niederösterreich, großteils CNC-Dreher, Fräser sowie einige Absolventen der Technischen Universität, sind stetig gefordert. Sie verbessern, verfeinern, präzisieren. „Zehn Prozent des Umsatzes machen wir mit Prototypen, die für Kunden entwickelt werden“, erzählt der Firmen-Chef. Eine Handvoll Patente besitzt Schoeller-Bleckmann bereits.
Dass aus dem Unternehmen, das einst zur verstaatlichten Industrie gehörte und im Zuge der Krise in den 1980er-Jahren arg ins Schleudern geriet, ein Konzern von Weltrang wurde, war nicht selbstverständlich. Die Konzentration auf die Tiefbohrtechnik, mit der das Unternehmen schon 1948 begann, ist wohl ein Teil des Erfolgsgeheimnisses. 1995 kaufte die Berndorf AG den bis dahin verstaatlichten Ölfeldausrüster. 1997 kam das Unternehmen an die Börse – zunächst in Brüssel. Seit 2003 notiert die Aktie an der Wiener Börse.
Der Ölfeldausrüster ist mit seinen Werken längst nicht mehr auf Österreich beschränkt. Der Konzern produziert in Houston (Texas), in Singapur, Mexiko, Vietnam und Großbritannien. Weltweit beschäftigt das Unternehmen 1560 Mitarbeiter und schreibt 500 Millionen Euro Umsatz.