Wirtschaft

Warum Öl-Multis Ternitz kennen

Wenn es um Ölförderung geht, spielt Österreich international höchstens eine Mini-Rolle. Wenn die Ölbohr-Unternehmen dieser Welt aber eine neue Förderausrüstung brauchen, dann spielt das kleine Land plötzlich eine große Rolle. Genauer gesagt: die Produktionsstätten von Schoeller-Bleckmann Oilfield Equipments im niederösterreichischen Ternitz.

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Dort dreht sich alles um die Spezial-Bohrstränge, die von Bohr-Plattformen aus tief in den Meeresboden oder von Bohrtürmen in hartes Gestein vordringen, um Öl nach oben zu befördern. Bis zu zehn Meter lang und 120 bis 300 Millimeter im Durchmesser sind diese Stangen, die in den insgesamt 16 Werkshallen in Ternitz bearbeitet und mit höchster Genauigkeit nach den Anforderungen der Kunden individuell geformt werden.

Das Vorprodukt, die Stahlstangen, werden vom Edelstahlwerk Böhler in Kapfenberg geliefert. „Amagnetisch müssen diese Rohlinge sein, also nicht magnetisierbar“, erklärt Schoeller-Bleckmann-Chef Gerald Grohmann den ersten Produktionsschritt in Ternitz. Das ist wichtig, weil in die Rohre später Hightech-Elektronik eingebaut wird, die die Bohrstränge unterirdisch steuert. Magnetismus könnte den dort installierten Kompass stören.

„Für uns ist alles kalt, was nicht glüht“


Eine exakte Mischung aus Legierungsmetallen bringt diese Amagnetisierung zustande. Dann werden die Bohrstränge kaltgeschmiedet, um die notwendige Festigkeit für das Bohrloch zu erlangen. Kalt ist in in der Stahlbranche ein sehr dehnbarer Begriff. „Für uns ist alles kalt, was nicht glüht“, erklärt Grohmann. Und wenn die Rohre dann amagnetisch sind und die notwendige Festigkeit besitzen, kommt die heikelste Arbeit: Mit höchster Präzision wird gefräst, gebohrt, gedreht. Die Ausrüstung wird exakt nach jenen Anforderungen gefertigt, die die Kunden verlangen. Für jedes Kabel, jedes elektronische Gerät muss das Rohr eine entsprechende Ausnehmung haben.

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Wer meint, das könne jeder mit Computersteuerung schaffen, der irrt. Schoeller-Bleckmann sei deswegen Weltspitze, weil seine Ölfeldausrüstung qualitativ nahezu unschlagbar sei, betont der Unternehmens-Chef.

Fehler sind teuer

„Auf Ölplattformen, deren Betrieb pro Tag fast eine Million Dollar kostet, ist diese Qualität entscheidend. Wenn in zehn Kilometern Tiefe ein Teil versagt, steht die Plattform. Das kostet Millionen“, sagt Grohmann. Und er verrät das Geheimnis der jahrelangen Spitzenstellung am Weltmarkt für Ölfeldausrüstung: „Wir sind der Konkurrenz immer um zwei bis drei Jahre voraus.“

Das heißt aber auch: permanent weiterentwickeln, permanent forschen und verbessern. Dabei entstammt das Wunderwerk der Ternitzer Ölfeld-Stränge weniger dem Hirnschmalz von Forschern und Ingenieuren als der Findigkeit der Mitarbeiter. Forschung und Entwicklung ist bei Schoeller-Bleckmann keine eigene Abteilung. „Das ist Teil des Tagesgeschäfts“, sagt Grohmann.

Die 400 Mitarbeiter am Standort im südlichen Niederösterreich, großteils CNC-Dreher, Fräser sowie einige Absolventen der Technischen Universität, sind stetig gefordert. Sie verbessern, verfeinern, präzisieren. „Zehn Prozent des Umsatzes machen wir mit Prototypen, die für Kunden entwickelt werden“, erzählt der Firmen-Chef. Eine Handvoll Patente besitzt Schoeller-Bleckmann bereits.

Dass aus dem Unternehmen, das einst zur verstaatlichten Industrie gehörte und im Zuge der Krise in den 1980er-Jahren arg ins Schleudern geriet, ein Konzern von Weltrang wurde, war nicht selbstverständlich. Die Konzentration auf die Tiefbohrtechnik, mit der das Unternehmen schon 1948 begann, ist wohl ein Teil des Erfolgsgeheimnisses. 1995 kaufte die Berndorf AG den bis dahin verstaatlichten Ölfeldausrüster. 1997 kam das Unternehmen an die Börse – zunächst in Brüssel. Seit 2003 notiert die Aktie an der Wiener Börse.

Internationaler Konzern

Der Ölfeldausrüster ist mit seinen Werken längst nicht mehr auf Österreich beschränkt. Der Konzern produziert in Houston (Texas), in Singapur, Mexiko, Vietnam und Großbritannien. Weltweit beschäftigt das Unternehmen 1560 Mitarbeiter und schreibt 500 Millionen Euro Umsatz.