Wirtschaft

Telekom-Prozess: "Ein opportunistisches Geschäft"

Wie kann sich der Wert der zwei obersten Etagen im Telekom-Palais am Wiener Schillerplatz von 5,4 auf knapp elf Millionen Euro steigern? Richterin Claudia Moravec-Loidolt will es am zweiten Prozesstag von Ex-ÖBB-Chef Martin Huber ganz genau wissen.

Huber und seine Ehefrau hatten die Palais-Flächen von der Telekom erstanden – um 4,4 Millionen Euro zu billig, meint die Staatsanwaltschaft – und ein Jahr nach Unterzeichnung des Kaufvertrages Ende 2007 an die Seeste Bau AG weiterverkauft. Ausführlich erklärt Huber, wie er schon 2004, damals noch Porr-Vorstand, mit dem später schwer erkrankten Bauunternehmer Anton Kallinger, mit dem Projekt begann. Wie schwierig die Planungen gewesen seien, da sich im eindrucksvollen Palais das Hauptwählamt für Wien befand. Wie hoch das Risiko war, eine Baubewilligung für Wohnungen zu bekommen. Obendrein waren da noch Probleme mit dem Denkmalschutz. Das Palais sei außen ein Juwel, innen aber eine „Bruchbude“ gewesen.

Richterin und Schöffen bekommen eine Lektion über das Immobiliengeschäft, „ein opportunistisches Geschäft“ (Huber). In dem gute Kontakte sehr hilfreich sind, „das ist halt so im Geschäftsleben“. Der mit den Planungen beauftragte Architekt hatte gute Beziehungen zu Baupolizei und Denkmalamt, Kallinger war mit dem ebenfalls angeklagten Ex-Telekom-Chef Heinz Sundt befreundet. Huber wiederum war mit Kallinger befreundet.

Wie hoch der Wert nach Unterzeichnung des Kaufvertrages war, bohrt die Frau Rat nach. „Vielleicht sieben Millionen Euro“, meint Huber. Jedenfalls höher als die bereits 2005 vereinbarten 5,4 Millionen Euro, weil es 2007 eben die Baubewilligung gab.

Nach anfänglichem Zögern erklärt Huber dann auch, warum er nicht deklariert hatte, dass er über einen Treuhänder 75 Prozent an der speziell für den Immobiliendeal gegründeten Gesellschaft SP4 hielt. Einerseits wegen der Medien, andererseits habe sein neuer Aufsichtsratspräsident (Horst Pöchhacker, Anm.) bei den ÖBB „seit seinem Amtsantritt versucht, mich zu demontieren“. Aufsichtsratspräsident Wolfgang Reithofer, der Huber zur Bahn geholt hatte, habe er noch vor seinem Amtsantritt als ÖBB-Chef über das Projekt informiert. Aus Compliance-Gründen fungierte die mit 25 Prozent Beteiligte Barbara Huber-Lipp als Geschäftsführerin der SP4. Ihr Job sei gewesen, das zu organisieren, was ihr Ehemann als treibende Kraft an den Wochenenden anordnete, sagte die ebenfalls wegen Beihilfe Angeklagte auf die Frage der Richterin, wie eine gelernte Drogistin und Lebensberaterin dazu komme, eine Projekt-Entwicklungsgesellschaft zu leiten.

Gutachten

Der Ziviltechniker Peter K. berichtet Erstaunliches. Ihm wird vorgeworfen, er habe für die Telekom ein Gutachten mit einem Verkehrswert für den Schillerplatz von 5,25 Millionen erst 2008 erstellt und auf 2005 rückdatiert. Was K. bestreitet. Er habe dieses Gutachten 2006 verfasst, allerdings nicht im Auftrag der Telekom, sondern in der Hoffnung, es später der Telekom verkaufen zu können. Warum er das nicht schon im Ermittlungsverfahren aussagte? Da war der Herr Architekt dermaßen „verwirrt“, weil er sofort nach der Hausdurchsuchung einvernommen wurde.

Für das Ehepaar Huber war der Schillerplatz zweifellos ein gutes Geschäft – mit einem Gewinn vor Steuern von 3,9 Millionen Euro. Fragt sich, ob die Seeste Bau AG auch ein gutes Geschäft machte. Sie kaufte den Hubers die zwei obersten Geschoße ab, erstand von der Telekom direkt ein weiteres Stockwerk und baute Luxuswohnungen in das 1870 vom Wiener Architekten Carl Tietz geplante Palais.

Fünf der feudalen Apartments sind noch nicht verkauft. Die billigste Wohnung liegt im 1. Stock, Innenhof. Die 85 Quadratmeter werden um 695.000 Euro angeboten. Wesentlich tiefer in die Tasche greifen muss man für die Penthäuser. Knapp 200 Quadratmeter samt drei Terrassen wären um 4,8 Millionen Euro zu haben. Die teuerste Bleibe kostet die Kleinigkeit von 7,357 Millionen. Übliche Marktpreise, meinen Immo-Experten. Dafür ist die Ausstattung mit Innenlift und Deckenkühlung vom Feinsten.

Dass die Telekom die Seeste auf Rückabwicklung des gesamten Immobilien-Geschäfts geklagt hat (das Verfahren ist bis zum Ende des Strafprozesses ausgesetzt), ist für den Verkauf der Nobel-Herbergen nicht gerade förderlich. Ein solcher Streit könnte sich über etliche Jahre ziehen.