Wirtschaft

Rücktrittsgerüchte: Euro-Krise bringt Berlusconi ins Wanken

Krampfhaft einigten sich Premier Silvio Berlusconi und sein wichtigster Koalitionspartner, Lega-Nord-Chef Umberto Bossi, auf ein "Mini-Abkommen" bei der Pensionsreform. Obwohl der angeschlagene Regierungschef im letzten Moment eine Regierungskrise abwenden konnte, verdichten sich Gerüchte über seinen bevorstehenden Rücktritt. Die Tageszeitungen La Repubblica und La Stampa berichten von einem "geheimen Pakt" zwischen Berlusconi und Bossi, der ein Abdanken des Cavaliere in den nächsten Monaten und Neuwahlen im kommenden März vorsieht.

Das Dementi von Lega-Sprecherin Nicoletta Maggi folgt prompt: "Einen solchen geheimen Pakt gibt es nicht." Bossis Zustimmung bei der Anhebung des Rentenalters auf 67 Jahre ersparte Berlusconi beim EU-Gipfel in Brüssel die "figuraccia", die Blamage, mit leeren Händen dazustehen.

Leerer Tank

Der 75-jährige Regierungschef wisse jedoch, so analysiert La Repubblica, dass er "kein Benzin mehr im Motor" habe. Seit Monaten wird dem durch Sex-Skandale und Differenzen in der eigenen Mitte-rechts-Koalition geschwächten Berlusconi das Ende seiner Amtszeit prophezeit.

Für Politbeobachter ist ein freiwilliger Rückzug unvorstellbar: Berlusconi werde aus Angst vor der Justiz vielmehr alles tun, um an der Macht zu bleiben.

"Er wird bis zuletzt in seinem Bunker ausharren, weil er kein Staatsmann ist und sich mehr für sein privates Schicksal als für jenes des Landes interessiert", kritisiert Repubblica -Chefredakteur Ezio Mauro. Dem Medienzar droht eine Reihe von Prozessen, unter anderem wegen Sex mit dem damals minderjährigen Mädchen Ruby, wegen Amtsmissbrauchs, Korruption und Bestechung.

Die nächste Zerreißprobe für die Regierung Berlusconi steht vor der Tür: Im Falle einer negativen Reaktion der Finanzmärkte muss Berlusconi den vage gehaltenen Pensionspakt verschärfen. Spätestens dann könnte Bossi seine Drohung wahrmachen und die Regierung platzen lassen.

Die Chronik der Skandale

Bunga-Bunga-Partys, Korruption, verdächtige Nähe zur Mafia - die Liste der Skandale, mit denen Italiens Premier Silvio Berlusconi (75) in Verbindung gebracht wird, ist schier endlos. Mehrere Prozesse gegen den "Cavaliere" laufen, der nächste beginnt im November: Angeklagt sind ein TV-Nachrichtenchef, eine Regionalpolitikerin und ein Showmanager, die dem Frauenhelden Berlusconi für seine wilden Partys in Mailand Callgirls vermittelt haben sollen.
Im Fall "Rubygate" lastet die Staatsanwaltschaft Berlusconi Kontakte zu dem damals noch minderjährigen Escortgirl "Ruby" an. Weil er das Mädchen mit einem Anruf bei der Polizei aus deren Gewahrsam befreite, muss er sich auch wegen Amtsmissbrauchs verantworten.

Zudem soll Berlusconi einen jungen Unternehmer mit einer halben Million Euro für Falschaussagen bestochen haben. Dieser soll dem Premier mehr als 30 junge Frauen für dessen Partys organisiert haben.

Und nicht zuletzt steht Steuerbetrug auf der Liste der Skandale: 470 Mio. Euro soll Berlusconis Mediaset-Konzern am Fiskus vorbeigeschleust haben. Angeklagt ist auch Berlusconis Sohn Piersilvio.