Wirtschaft

Reformeifer der Euro-Länder lässt nach

Die Ratingagentur Standard & Poor's (S&P) wirft den europäischen Regierungen in der Schuldenkrise einen nachlassenden Reformeifer vor. "Die Politik lehnt sich etwas zurück", sagte S&P-Europachef Moritz Krämer am Mittwoch in Frankfurt. Mit den Beschlüssen der Staats- und Regierungschefs zu einer Bankenunion und dem von der Europäischen Zentralbank (EZB) aufgebauten Schutzschild durch potenziell unbegrenzte Anleihekäufe stünden zwar Instrumente bereit, mit denen die Krise gelöst werden könne. Es hake nun aber bei der Umsetzung der Maßnahmen, sagte Krämer. Erst am Dienstag waren in Brüssel Gespräche der Finanzminister über die genaue Ausgestaltung der künftigen Bankenaufsicht am Streit zwischen Deutschland und Frankreich gescheitert.

Krämer äußerte die Hoffnung, dass die Bankenunion samt einer gemeinsamer Aufsicht für die Institute unter dem Dach der EZB schnell Realität werde. Ungelöst sei aber weiter das Problem der Altlasten in den Bankbilanzen, bemängelte der Ratingexperte, da diese nach dem Willen der Politik nicht von der Bankenunion erfasst werden sollen.

"Es spricht wenig dafür, dass die Eurozone auseinanderbricht."


Insgesamt gab sich Krämer etwas optimistischer für die Zukunft der seit Jahren krisengeschüttelten Währungsunion: "Es spricht wenig dafür, dass die Eurozone auseinanderbricht." Auf Sicht von zwei bis drei Jahren könne er sich sogar vorstellen, dass Lettland als dann 18. Land dem Euro-Gebiet beitritt. Die Wahrscheinlichkeit, dass Griechenland die Eurozone verlässt, taxierte Krämer mit "eins zu drei". Es sei unwahrscheinlich, dass Regierung und Bevölkerung einen solchen Schritt wagen würden.

S&P war in der Vergangenheit heftig für Herabstufungen der Kreditwürdigkeit einzelner Euro-Länder kritisiert worden.