Wirtschaft

Referendum: Neuer Griechen-Schock für den Euro

Ein fetteres Näpfchen hätte der griechische Ministerpräsident Giorgios Papandreou gar nicht finden können. Seine Ankündigung, das erst am Wochenende nach langem Tauziehen auf dem EU-Gipfel beschlossene Rettungspaket per Volksabstimmung absegnen zu lassen, bringt die 17 Euro-Staaten und die gesamte Union gehörig in die Bredouille. Und sorgte für einen weiteren Absturz an den internationalen Börsen (siehe Hintergrund).

Die EU selbst - die von der griechischen Regierung nicht vorinformiert worden war - bemühte sich am Dienstag um Schadensbegrenzung. "Wir haben vollstes Vertrauen, dass Griechenland seinen Verpflichtungen nachkommt, die es mit der Eurozone und der internationalen Gemeinschaft vereinbart hat", erklärten Ratspräsident Herman Van Rompuy und Kommissionschef Jose Manuel Barroso. Die Pläne für eine Volksabstimmung habe man "zur Kenntnis genommen".

Krisengipfel

Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker wurde schon deutlicher. Er warnte vor den Folgen des griechischen Referendums, dieses würde zu noch größerer Nervosität und Unsicherheit über die Zukunft der Währungsunion führen.

Stimmten die Griechen - was angesichts der jüngsten Umfragen wahrscheinlich ist - gegen das Rettungspaket, sei eine Pleite des Euro-Partners nicht auszuschließen. Offiziell soll die griechische Tragödie auf einem Krisengipfel am Mittwoch, einen Tag vor Beginn des G-20-Gipfels in Cannes, beraten werden. Teilnehmen sollen die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Frankreichs Präsident Nicholas Sarkozy, die Spitzen der EU-Institutionen, der Internationale Währungsfonds und Papandreou selbst.

Faymann: "Verunsicherung"

Bundeskanzler Werner Faymann sagte, die Entwicklungen in Griechenland würden neue Verunsicherung fördern. Die Entscheidung über ein Referendum sei aber Angelegenheit des griechischen Parlaments, die es abzuwarten gelte. Gleichzeitig werde deutlich, wie wichtig der Beschluss vom vergangenen Mittwoch sei, den Schutzschirm für alle Euro-Länder massiv zu stärken. Ein spanischer Regierungssprecher bedauerte Papandreous Entscheidung: "Das ist keine gute Nachricht für Europa".

Offen ist, ob das griechische Parlament das Referendum überhaupt absegnet. Nach dem Austritt einer Parteikollegin verfügt Papandreou nur noch über 152 von 300 Stimmen. Am Freitag stellt er sich einer Vertrauensabstimmung im Parlament. Erst danach kann über eine Volksabstimmung entschieden werden.

Die "Architekten" des Euro-Rettungspakets, Merkel und Sarkozy, erhöhten am Dienstag den Druck. In einer gemeinsamen Erklärung drängten sie auf "eine vollständige und lückenlose" Umsetzung der Beschlüsse des Euro-Gipfels, die sie den G-20-Partnern eigentlich als Erfolg verkaufen wollten. Das sei "notwendiger denn je".

Düstere Aussichten: Keine Sterne in Athen?

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Giorgios Papandreou gehört nicht gerade zu den Politikern, die vom eigenen Volk geliebt werden. Die Sparpakete, an die die internationale Hilfe für Griechenland geknüpft sind, treiben die Bevölkerung auf die Barrikaden. Mit einer Volksabstimmung will der Regierungschef jetzt zum Befreiungsschlag ausholen.

Über was genau abgestimmt werden soll, ist offen. Die Bürger sollen mit "Ja" oder "Nein" für das zweite Rettungspaket stimmen, das Ergebnis soll für die Regierung bindend sein, heißt es. Die Folgen einer Ablehnung wären wohl verheerend. "Ein Kollaps des griechischen Finanzsystems wäre kaum zu vermeiden", sagen Commerzbank-Volkswirte. "Die Regierung müsste wohl ihre Banken verstaatlichen, die Abhebung von Spareinlagen beschränken und die Ausfuhr des Euro untersagen." Vermutlich würde die Drachme wieder eingeführt und gleich um die Hälfte abgewertet werden. Experten schätzen, Athen wäre bereits im März zahlungsunfähig.

Mit der Pleite wäre wohl auch das Vertrauen in den Euro-Raum dahin, womit eine Rezession droht. Griechenland könnte sich mit der Eurozone auf einen Austritt einigen, müsste dann aber wieder die Drachme einführen. Da der Großteil der Staatsschulden in Euro aufgenommen wurde, würde die Schuldenlast sprunghaft ansteigen. Griechische Exporte würden profitieren, ob das die Wirtschaft stützen würde, steht aber auf einem anderen Blatt.