Wirtschaft

Radikalreform zur Rettung der Lehre

Egon Blum schlägt Alarm. Diesmal geht es dem ehemaligen Lehrlingsbeauftragten der Regierung und angesehenen Experten für innovative Ausbildungskonzepte um nichts weniger als die Rettung der Lehre. Diese EU-weit hoch gelobte Nachwuchsschmiede ist nämlich stark gefährdet, so sein Befund.

„Der Lehrstellenrückgang ist stärker als die Demografie, in zehn Jahren werden wir 60.000 weniger ausgebildete Facharbeiter haben“, schreibt Blum in einer Broschüre an die Sozialpartner. Seine Erklärung: Seit 2008 gibt es 5000 Lehrbetriebe und 13.220 betriebliche Lehrlinge weniger. Jeder fünfte Lehrling fällt bei der Abschlussprüfung durch und fast jeder vierte bricht die Lehre vorzeitig ab. Dazu kommt, dass wegen mangelnder Ausbildungsfähigkeit bzw. -bereitschaft mehr als 70.000 Jugendliche weder einen Lehrplatz in einem Betrieb finden noch eine weiterführende Schule besuchen können.

„Diese Problematik ist bekannt, aber die Politik will sie einfach nicht wahrhaben“, schimpft Blum und fordert ob der „alarmierenden Zahlen“ dringend neue Ausbildungswege, insbesondere für lernschwache Jugendliche.

Starthilfe

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Konkret will der Experte die vom Staat mit viel Geld geförderten überbetrieblichen Ausbildungsplätze bei den AMS-Partnern zu staatlichen Kompetenzzentren für die Lehre ausbauen und enger mit den Betrieben verzahnen. Die Lehrlinge verbringen die ersten sechs Monate der Lehrzeit im Ausbildungs-Kompetenzzentrum, um sich fehlende Qualifikationen (Grundkenntnisse, Sozialkompetenz etc. ) anzueignen. Danach wechseln sie verpflichtend in einen Ausbildungsbetrieb, der einen vorgebildeten Lehrling erhält und sich ein halbes Jahr an Ausbildungskosten erspart. Im Ausnahmefall kann der Verbleib im Kompetenzzentrum um weitere sechs Monate verlängert werden. Blum verweist auf ein erstes erfolgreiches Pilotprojekt in Vorarlberg im Bereich Holz-, Metall- und Malerberufe. Auch die Ausbildungsqualität könne dadurch besser gewährleistet werden. Eine solche „Kombi-Lehre“ aus überbetrieblicher und betrieblicher Ausbildung ist zwar jetzt auch schon möglich, doch wird sie kaum genutzt.

Image

Sorgen bereitet Blum auch die mangelnde Identifikation heimischer Politiker und Manager mit dem Lehrberuf. „In der Schweiz sind Menschen aus allen Gesellschaftsschichten stolz darauf, dass ihr Kind oder Enkel eine Lehre macht. In Österreich gibt es bedauerlicherweise einen gegenteiligen Trend.“ So lange die Lehre aber mit einem derart schlechten Image behaftet sei, hätten es selbst die guten Lehrbetriebe schwer, qualifizierten Nachwuchs zu bekommen.

Bei zwei von drei Arbeitslosen führen gesundheitliche Probleme zum Jobverlust. Sehr oft nach längeren Krankenständen. So auch bei Heinrich P. (51), der wegen mehrfacher Bandscheibenvorfälle seine bisherige Tätigkeit als Krankenpfleger nicht mehr ausüben konnte. Mithilfe der Berater von „fit2work“ gelang es jedoch, eine passende neue Tätigkeit im Spital zu finden und die Kündigung blieb ihm erspart. Nur ein Beispiel von 3000 Personen, die im Rahmen von fit2work persönliche Hilfestellungen erhielten. Die vom Sozialministerium eingerichteten Beratungsstellen zur Förderung der Gesundheit am Arbeitsplatz richten sich sowohl an Arbeitnehmer, die sich vertraulich über Maßnahmen informieren können, als auch an Betriebe.

Seit Jahresbeginn gibt es fit2work in ganz Österreich. Diese Woche tourt ein Beratungsbus durch alle Bundesländer. „Bisher haben 13.000 Personen sowie 250 Betriebe die Beratungsangebote genutzt“, zieht Sozialminister Rudolf Hundstorfer eine positive Zwischenbilanz. Die häufigsten Gesundheitsbeschwerden waren psychische Erkrankungen (41 Prozent). Die größte Gruppe waren die 40- bis 49-Jährigen. Ziel von Hundstorfer ist es auch, die Zahl der vorzeitigen Pensionsantritte (Invaliditäts-Pension) zu drücken.

Von der Förderung der Arbeitsfähigkeit profitiert aber nicht nur das Pensionssystem, sondern auch das Unternehmen. So konnte in 20 Pilotbetrieben durch gezielte Fördermaßnahmen das berufliche Leistungsvermögen von älteren Mitarbeitern deutlich gesteigert werden.

„Arbeitsfähigkeit sichern und verlängern hat den gleichen Effekt wie eine Verjüngung des Mitarbeiterstabes“, sagt Irene Kloimüller, Leiterin des neu gegründeten Instituts für Arbeitsfähigkeit.