Preiskampf an vielen Fronten
Von Simone Hoepke
Der Eindruck, dass beim Einkaufen alles immer nur teurer wird, täuscht. Zumindest wenn man den Zahlen von Ernst Gittenberger glaubt. Er hat für die KMU Forschung Austria errechnet, dass die Verkaufspreise 2016 in einem so geringem Ausmaß gestiegen sind wie seit zehn Jahren nicht mehr. Vor allem Kosmetik, Elektronik sowie Schuhe sind demnach billiger geworden.
In den Geschäftsstraßen hat das keinen Kaufrausch ausgelöst. Der stationäre Handel meldet für das abgelaufenen Jahr ein Umsatzplus von nominell gerade einmal 0,9 Prozent. "Wir müssen uns daran gewöhnen, dass die Läden mehr unter Druck kommen", sagt Handelsobmann Peter Buchmüller. Er sei mit einem Wachstum von weniger als einem Prozent schon sehr zufrieden.
Abfluss von Kaufkraft
Zwar habe die Steuerreform im Vorjahr die Kauflust angekurbelt – nur hatten viele Händler herzlich wenig davon. Zwei Drittel der Konsumausgaben fließen am Einzelhandel vorbei, etwa in Kurzurlaube. Viele Konsumenten haben zudem Angst um ihren Job und legen ihr Geld lieber auf die hohe Kante. Hauen sie es zur Abwechslung doch einmal auf den Putz, dann verstärkt im Internet und damit oft jenseits der Landesgrenzen. Geschätzte drei Milliarden Euro fließen auf Konten ausländischer Anbieter wie Amazon oder Zalando. Tendenz weiter steigend.
Den Siegeszug der Web-Händler bekommen vor allem Textilhändler zu spüren. Sie hatten im Vorjahr zudem mit dem Wetter Pech und mussten ihre Lager letztlich mit Rabatten für die nächste Kollektion leeren. Das brachte den Modehändlern laut KMU-Forschung einen Umsatzrückgang von 1,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Damit stehen sie gemeinsam mit Juwelieren und Schmuckhändlern (-0,3 Prozent) sowie Spielwarenhändlern (-1,1 Prozent) auf der Verliererseite. Letztere geben Umsätze an Onlinehändler und Branchenfremde ab. So haben Supermarkt- und Drogerie-Manager Spielzeug als zusätzlichen Umsatzbringer entdeckt.
Vom Onlinehandel noch so gut wie unberührt sind die Lebensmittelhändler, die ein Drittel des gesamten Einzelhandelsvolumens ausmachen. Sie tragen mit einem überdurchschnittlichen Umsatzplus von 1,9 Prozent auch wesentlich zur Einzelhandelsentwicklung bei. Ertragsseitig schaue es in der Branche aber nicht so gut aus, sagt Buchmüller. Schuld seien die vielen Rabatte, die die Margen zunichte machen.
Das am Montag präsentierte Regierungsprogramm könnte den Händlern in einigen Punkten in die Hände spielen – sofern die Punkte auch umgesetzt werden. Etwa die geplante Abschaffung der kalten Progression bis 2019.
Iris Thalbauer, Geschäftsführerin der Bundessparte Handel, freut zudem, dass im Regierungsprogramm steht, dass Österreich bei der Umsetzung von EU-Vorgaben "nicht päpstlicher als der Papst" sein wolle.