Präzedenzfall: Tesla erstmals wegen Autopilot-Todesfällen vor Gericht
Der US-Elektroautobauer Tesla muss sich ab Mitte September erstmals wegen tödlicher Unfälle seiner Fahrzeuge bei eingeschaltetem Autopilot vor Gericht verantworten. In zwei unterschiedlichen Verfahren soll geklärt werden, ob ein Versagen des Autopilots für die Unfälle ursächlich war - und wer dafür haftet.
Tesla weist das zurück und gibt den Fahrern die Schuld. Der Autopilot sei sicher, allerdings nur, wenn er von Menschen überwacht werde.
Richungsweisender Prozess
Für den E-Auto-Bauer hängt viel ab von den bald beginnenden Prozessen, denen weitere folgen werden. Nur wenn Käufer dem System vertrauen, sind sie bereit, zusätzlich bis zu 15.000 Dollar pro Fahrzeug für die Software auszugeben.
Bei dem ersten Fall, der am 15. September vor einem Bundesgericht in Kalifornien verhandelt wird, geht es um ein Tesla Model 3. Der Wagen war 2019 auf einem Highway östlich von Los Angeles mit über 100 Stundenkilometern von der Fahrbahn abgekommen, hatte eine Palme gestreift und war in Flammen aufgegangen.
Dabei wurde der Fahrer getötet und die beiden Passagiere, darunter ein achtjähriger Junge, schwer verletzt. Die Mitfahrer und der Nachlassverwalter des getöteten Fahrers reichten Klage ein. Darin wird Tesla unterstellt, beim Verkauf des Wagens gewusst zu haben, dass der Autopilot und andere Sicherheitssysteme nicht richtig funktionierten.
Autopilot raste in Riesen-Lkw
In einem zweiten Verfahren, das am 6. Oktober vor ein Bundesgericht in Florida kommt, geht es um einen Unfall, bei dem ebenfalls ein Tesla Model 3 2019 nördlich von Miami unter den Anhänger eines 18-rädrigen Großlasters geriet, der auf die Straße fuhr.
Dabei wurde das Dach des Wagens abrasiert und der Fahrer getötet. Die Witwe wirft Tesla vor, der Autopilot habe weder eine Bremsung eingeleitet noch in die Lenkung eingegriffen, um den Unfall zu verhindern.
Tesla beschuldigt Fahrer: "es gibt keine selbstfahrenden Autos"
In Gerichtsunterlagen betont der von Elon Musk geführte Autobauer, dass Fahrer die Straße im Blick behalten und die Hände am Steuer lassen müssten. "Es gibt heute keine selbstfahrenden Autos auf den Straßen", erklärte das Unternehmen.
Die Zivilverfahren sollen neue Beweise liefern, was Musk und andere Verantwortliche bei Tesla von den tatsächlichen Fähigkeiten des Autopiloten wussten, dessen Software wiederholt als "Full Self-Driving" beworben wurde. Musk selbst hat den Autopiloten in Kurznachrichten auf Twitter, inzwischen in X umbenannt, mehrmals in den höchsten Tönen gelobt.
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Im Dezember 2022 antwortete Musk etwa auf den Vorschlag eines Nutzers, wonach Tesla-Nutzer, die mehr als 10.000 Meilen mit dem Autopilot-System zurückgelegt hätten, diesen nicht mehr überwachen müssten, mit: "Ich stimme zu, Update kommt im Jänner".
Für Musk sind die Verfahren ein Test für die Glaubwürdigkeit seiner technologischen Versprechen und damit für die Zukunftsfähigkeit von Tesla. Anleger setzen darauf, dass der E-Auto-Spezialist künftig in großem Stil Geld mit selbstfahrenden Flotten verdienen kann, etwa für Taxis oder Fahrdienste.
Bisher ging es bei Verfahren gegen Tesla um Fälle, bei denen Personen zu Schaden kamen, nicht aber um Todesfälle. Im April hatte Tesla einen Prozess in Los Angeles mit der Argumentation gewonnen, dass die Technologie trotz der Bezeichnung "Autopilot" und "Full Self-Driving" vom Fahrer überwacht werden müsse.