Polen kritisiert "180-Grad-Wende" der USA bei Nord Stream
Polens Regierungschef Mateusz Morawiecki hat die deutsch-amerikanische Einigung im Konflikt um die Gaspipeline Nord Stream 2 kritisiert. Die 180-Grad-Wende der US-Position zu dem Thema habe viele Länder erstaunt, sagte Morawiecki am Donnerstag laut Agentur PAP. "Ich drücke meine Missbilligung darüber aus, dass unsere Bündnispartner an den Bau dieser Gaspipeline egoistisch herangegangen sind."
Polen habe sich bemüht, andere Länder zu überzeugen, dass dieses Projekt Russland bei seiner Aufrüstung helfe, sagte Morawiecki weiter.
Kritik kommt auch von der Kanzlerkandidatin der deutschen Grünen, Annalena Baerbock. "Diese Gemeinsame Erklärung ist keine Lösung - insbesondere nicht für die Sicherheit der Ukraine", sagte Baerbock der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitag). Die US-Regierung habe die Sanktionen gegen die Unternehmen, die an Nord Stream 2 beteiligt sind, zwar aufgehoben, betone aber, dass die Pipeline mit Blick auf die EU-Vorgaben zur Entflechtung und dem Zugang von Drittparteien noch nicht voll genehmigt sei, sagte Baerbock. Der Betrieb sei also noch lange nicht gesichert. "Es liegt nach wie vor in deutscher Hand", merkte Baerbock an.
"Ich halte diese Pipeline nach wie vor für falsch, aus klimapolitischen Gründen, aber vor allem auch geostrategisch", sagte die Co-Vorsitzende der deutschen Grünen. Sie sei gegen die Sicherheit der Ukraine gerichtet und ziele auf eine Spaltung der Europäischen Union. Die Osteuropäer seien "zurecht sauer" auf die Bundesregierung, "dass sie unilateral an dieser Pipeline festhält".
Im jahrelangen Streit um die deutsch-russische Ostseepipeline hatten Berlin und Washington am Mittwoch einen Durchbruch verkündet. Beide Länder veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, in der der Ukraine Unterstützung zugesagt wird. Die beinahe fertiggestellte Ostsee-Pipeline soll russisches Gas nach Deutschland bringen - unter Umgehung der Ukraine, die auf die Einnahmen aus dem Gas-Transit angewiesen ist. Die USA hatten Nord Stream 2 jahrelang scharf kritisiert und sind weiterhin gegen das Projekt, wollen nun aber auf weitere Sanktionen verzichten. An der Finanzierung der Pipeline ist unter anderem auch die österreichische OMV beteiligt.