Pharmafirmen legen Zahlungen an Ärzte offen
Von Anita Staudacher
Geld für Beobachtungs-Studien mit Patienten, Honorare für Vorträge, gesponserte Reha-Einrichtungen, Fortbildungsseminare mit umfangreichen Rahmenprogramm: Das Miteinander von Ärzten und Pharmaindustrie ist ebenso notwendig wie heikel. Trotz zum Teil strenger Verhaltensregeln gilt das Gesundheitssystem "als besonders anfällig für Korruption", heißt es bei Transparency International. Gerade für Patienten sind die Geldflüsse völlig intransparent.
Transparenz
Das soll sich nun ändern. Die Pharmaindustrie selbst will ihr schlechtes Image diesbezüglich loswerden und setzt auf mehr Transparenz. Ab 1. Juli 2016 müssen alle Pharmafirmen sämtliche Zahlungen an Ärzte und anderen Gesundheitsberufe sowie Spitäler und Institute auf ihren Webseiten offenlegen.
"Diese freiwillige Veröffentlichung soll volle Transparenz schaffen", sagt Ingo Raimon, Präsident des Forums der forschenden pharmazeutischen Industrie (FOPI) zum KURIER. Der Beschluss zur Selbstverpflichtung der Pharmafirmen fiel auf europäischer Ebene bereits 2013.
Datenschutz
Die Ärztekammer hat der Offenlegung grundsätzlich zugestimmt. Viele Mediziner sind aber über die Transparenz ihrer Daten gar nicht erfreut, ist zu hören. Die Veröffentlichung macht nicht nur das Handeln der Konzerne, sondern auch jenes der Ärzte sichtbar. Wenn es um die ärztliche Beurteilung neuer Arzneien geht, kann es hier durchaus zu Interessenskonflikten kommen.
Eine namentliche Nennung auf der Homepage dürfe nur mit ausdrücklicher Zustimmung des Arztes erfolgen, pocht die Ärztekammer auf Einhaltung des gesetzlichen Datenschutzes. Fehlt diese Zustimmung, erfolgt die Offenlegung anonymisiert oder zusammengefasst. Einzelne Institute oder Spitäler, die Gelder erhalten, werden sehr wohl namentlich erwähnt. Finanzielle Zuwendungen an Patienten-Selbsthilfegruppen würden schon jetzt offengelegt, sagt Raimon.
US-Regelung
Während in Europa die Transparenz bisher nur auf freiwilliger Basis erfolgt, ist in den USA die Offenlegung längst gesetzlich vorgeschrieben. Der so genannte "Physician Payments Sunshine Act" verpflichtet Pharmahersteller, sämtliche Zahlungen und Zuwendungen an Mediziner und Krankenhäuser den US-Gesundheitsbehörden zu melden. Dabei kann es sich um Fördermittel, Bewirtungen, Reiseerstattungen, Vortragshonorare oder Sachgeschenke handeln. Ausgenommen von der Berichtspflicht sind nur Zahlungen, die weniger als zehn Dollar (8,85 Euro) betragen.
Bei Nichteinhaltung können Geldbußen bis zu 10.000 Dollar verhängt werden. Transparency wünscht sich solch gesetzliche Verpflichtung auch für Europa, begrüßt die freiwillige Veröffentlichung aber als wichtigen Schritt im Kampf gegen die Korruption.
Sind die Preise für verschreibungspflichtige Arzneien in Österreich zu hoch? Hauptverband und Pharmaindustrie wollen diese Frage jetzt mit einem neuen, gemeinsamen Preismonitoring klären.
Die Pharmalobby FOPI verweist auf den hohen gesamtgesellschaftlichen Nutzen, den innovative Medikamente bzw. Therapien haben. Weniger teure Operationen, weniger Spitalsaufenthalte bzw. Pflegefälle, weniger Krankenstände und eine höhere Lebenserwartung müssten in die Kosten-Nutzen-Rechnung miteinbezogen werden, fordert FOPI-Präsident Raimon. „Aber beim Hauptverband zählt nur der Preis“, seufzt er.
Kritik an ständig steigenden Medikamentenpreisen weist er zurück: „Das angebliche Krisenjahr 2015 hat es gar nicht gegeben, die Preise sind mit 5,4 Prozent weniger stark gewachsen als prognostiziert.“ Einzelrabatte und Kostenbeiträge der Pharmafirmen seien in die Preise gar nicht eingerechnet. Die FOPI vertritt 26 internationale Pharmakonzerne.