WKO-"Pfuschjäger" führen Kontrollen vor Ort durch
Im Kampf gegen den Pfusch führen die Wirtschaftskammern vor Ort Kontrollen durch - allerdings mit zweifelhafter rechtlicher Deckung, berichtet die Tiroler Tageszeitung (TT). Laut APA-Anfrage bei der Wirtschaftskammer Tirol ist die Vorgehensweise durch das Kammergesetz gedeckt - gleichzeitig räumte die Kammer aber ein, dass die Kontrolleure jederzeit vom Grundstück wegwiesen werden dürfen.
Bleibt die Frage, welcher Pfuscher und welcher Schwarzarbeits-Auftraggeber sich freiwillig von Kammerangestellten kontrollieren lässt und seinen Ausweis herzeigt - und diesen auch noch fotografieren lässt. Laut TT wurden seit dem Beginn der Kontrollen im Jahr 2004 mehr als 15.000 Fälle bearbeitet und über 100.000 Fotos gespeichert.
Kontrollen freiwillig
Das Wirtschaftsministerium betont, dass die Kontrollen freiwillig sind. Es bestätigt aber auch, dass die dabei aufgenommenen Daten von der Wirtschaftskammer gespeichert werden. Aus dem Ministerium hieß es dazu: "Die datenschutzrechtliche Grundlage ergibt sich aus § 72 Abs. 1 WKG, der die Wirtschaftskammern dazu ermächtigt, Daten im Sinne des Datenschutzgesetzes (hierfür legistisch zuständig BKA) zu verwenden, soweit dies der Erfüllung der ihnen gesetzlich übertragenen Aufgaben dient."
Aber genau daran zweifeln die Datenschützer von ARGE Daten. Laut deren Experten Hans Zeger widerspricht die Vorgehensweise dem Datenschutzgedanken - und eines sei auf jeden Fall klar: Strafverfolgung ist nicht Aufgabe der Wirtschaftskammer. Von der WKÖ Tirol hieß es dazu, man überprüfe gerade die Frage des Datenschutzes. Die Daten, die in eine Datenbank der Kammer eingespeist werden, seien zwar personalisiert, aber nicht für jeden einsehbar, wird versichert. Man werde jedenfalls an der Kontrollpraxis festhalten "die von fast allen Wirtschaftskammern praktiziert wird".
Von der Wirtschaftskammer Österreich hieß es dazu, dass jedes Bundesland dies individuell regle. So würden beispielsweise auch Privatdetektive eingesetzt.
Fehlende Kompetenz der "Pfuschjäger"
Bei der Tiroler Justiz hält sich die Freude über die Kontrolleure in Grenzen. Laut Tiroler Tageszeitung hat Albin Larcher, Vizepräsident des Landesverwaltungsgerichts Tirol, die Kammer schon lange vor den fehlenden Kompetenzen der "Pfuschjäger" gewarnt. "Wir haben sie schon vor Jahren nach einer Anfrage aus der Wirtschaftskammer darauf hingewiesen, dass ihre Mitarbeiter des Wettbewerbsschutzes keine über das Jedermannsrecht hinausgehende Befugnisse haben", so Larcher zur TT.
Erwecken die "Pfuschjäger" bei ihren Kontrollen den Eindruck, dass die Arbeiter ihre Personalien preisgeben müssen, weil etwa andernfalls Konsequenzen drohen, haben die Wirtschaftskammer-Kontrolleure "ein Problem". "Für die Organe der Wirtschaftskammer gibt es keine Grundlage, damit sie eine solche Zwangsgewalt ausüben dürfen.", bestätigte Larcher der APA entsprechende Aussagen gegenüber der TT.
"Was passiert mit den Daten?"
Inzwischen ist die Causa indirekt gerichtsanhängig. Ein invalider Tiroler "Pfuscherjäger" wurde kurz vor der Pensionierung wegen angeblicher Malversationen entlassen und bekämpft den Rausschmiss. Vertreten wird er vom Innsbrucker Anwalt Thomas Praxmarer. Dessen Vorwurf: "Die Wirtschaftskammer handelt hier seit Jahren völlig ohne Rechtsgrundlage. Die Pfuschjäger agieren wie eine Behörde, sind rechtlich aber nur Privatpersonen." Für Praxmarer stellt sich die Frage: "Was passiert mit den Daten?"