Papandreou steht mit dem Rücken zur Wand
Von Stefan Schocher
Sie zerrinnt ihm zwischen den Fingern: Giorgos Papandreous Mehrheit im Parlament schwindet zusehends, weil seine Partei meutert, die Opposition blockiert, seine Minister murren. Die EU stellt ihre harten Forderungen - und die Griechen? Die demonstrieren und wehren sich verbissen gegen all die Sparpakete und all die Maßnahmen der Regierung, die von EU und Internationalem Währungsfonds (IWF) diktiert und eingefordert werden - schlicht und einfach, weil sie für viele Griechen existenzbedrohend sind.
Noch vor einer Woche schien die Rettung Griechenlands vor der Staatspleite durch die Euro-Zone eine zumindest halbwegs sichere Sache. Ein Rettungspaket war geschnürt, ein Schuldenschnitt vereinbart worden. Eine Woche danach hängt alles wieder einmal an einem seidenen Faden: Am Freitag stellt sich Papandreou einer Vertrauensfrage im Parlament; und dann wäre da noch das von ihm in Aussicht gestellte Referendum über das Rettungspaket. Zwei weitere Wendungen in dieser Krise, die beide das Potenzial haben, sie zur Eskalation zu bringen - sprich in Neuwahlen oder einem Staatsbankrott zu münden. Am Mittwoch billigte das Kabinett die beiden Pläne Papandreous - nach einer siebenstündigen Marathonsitzung, bei der dem Vernehmen nach auch einige Minister gegen den Premier aufbegehrten, weil er sie nicht über seine Vorhaben unterrichtet hatte.
Papandreou gibt sich für beides zuversichtlich: "Die Volksabstimmung wird ein klares Mandat erteilen und eine klare Botschaft zugunsten unseres europäischen und Pro-Euro-Kurses senden", ließ er wissen. Laut einer Probeabstimmung auf der Homepage des Wall Street Journal stand es gestern allerdings 49,4% für, 50,6% gegen das Rettungspaket.
Eine Frage der Frage
Laut einer Umfrage der Zeitung To Vima lehnen 60 Prozent der Griechen den in Brüssel verhandelten Schuldenerlass, die neuen Sparpakete, aber vor allem auch die damit verstärkte Aufsicht der EU über die griechischen Finanzen ab. Zugleich aber will eine überwiegende Mehrheit der Griechen den Verbleib in der Euro-Zone - nämlich rund 75 Prozent. Es scheint nun die Strategie der Regierung zu sein, das Votum über das Rettungspaket zu einem Plebiszit über die Beibehaltung des Euro zu machen.
Abgestimmt werden soll Anfang Dezember, wenn bis dahin die Details des Rettungsplans ausverhandelt sind. Ein Kalkül Papandreous könnte auch gewesen sein, seinen Verhandlungspartnern EU und IWF ein Scheitern des Planes ganz real in den Raum zu stellen und so den Druck auf die Geldgeber zu erhöhen, ein für Griechenland möglichst gutes Verhandlungsergebnis zu erzielen - um so auch möglichst viel Unterstützung der Griechen zu gewinnen.
Zwei-Stimmen-Mehrheit
Doch wogegen die politische Elite des Landes dabei kaum ankommt, ist das tiefe Misstrauen der Bevölkerung gegen ihre gewählten Vertreter. Und die derzeitigen Wadelbeißereien im Parlament helfen nicht gerade, diesen Eindruck zu zerstreuen. Immer mehr Mandatare der regierenden PASOK rebellieren gegen die Regierung und ihren Kurs. Mitglieder des nationalen Parteirates forderten Papandreou offen zum Rücktritt auf. Einige Mandatare traten aus der Partei aus - womit die PASOK im Parlament nur mehr eine Mehrheit von zwei Stimmen hat. Die konservative Opposition blockiert, wo es nur geht .