Wirtschaft

Packt die Badehosen aus

Es wird wieder einmal verhandelt. Bei der heute begonnenen UN-Weltklimakonferenz in Warschau geht es bis 22. November um ein Maßnahmenpaket gegen den Klimawandel. Mit „zähen und mühsamen“ Gesprächen rechnet Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich.

Die Zeit drängt. Laut der International Energy Agency wird es nach 2015 kaum mehr möglich sein, die Klimaerwärmung bis zum Ende des Jahrhunderts auf die angepeilten zwei Grad zu beschränken. Daher soll es spätestens in zwei Jahren ein verbindliches Abkommen zur Reduktion von CO2-Emissionen geben.

Optimistisch

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Das ist eine optimistische Annahme. Denn große Fortschritte sind unrealistisch. Zwar gibt es aufmunternde Zurufe von den Grünen und Umweltorganisationen. Österreich und die EU müssten als Vorreiter bei der CO2-Reduktion mutig voranschreiten.

Doch die Rettung des Weltklimas wurde bereits mangels Interesse der Nicht-EU-Staaten abgesagt. Der weltweite CO2-Ausstoß wird in den nächsten Jahren trotz diverser Klimakonferenzen und Protesten von Ökogruppen weiter ansteigen.

Denn die ambitionierten EU-Pläne können die zusätzlichen CO2-Emissionen des Rests der Welt nicht einmal annähernd kompensieren. Ende 2002 haben China und die EU etwa gleich viel CO2 erzeugt. Nur sieben Jahre später waren die Emissionen Chinas fast doppelt so hoch wie die der EU. Dass die EU ihren CO2-Ausstoß bis 2050 um 80 Prozent senken will, ist nett, aber angesichts dieses Trends fast bedeutungslos.

Reformunwillig

Dass sich der Reformeifer in Staaten wie China in Grenzen hält, ist kein Wunder. Der Pro-Kopf-Ausstoß in China beträgt nur rund 35 Prozent der Pro-Kopf-Emissionen in den USA. Dazu kommt, dass die EU derzeit kein Vorbild ist. Ihre leichte Reduktion der Emissionen in den vergangenen Jahren ist lediglich eine Folge der Wirtschaftskrise.

Es gibt auch ernste Zweifel, ob das EU-Ziel von minus 80 Prozent CO2 überhaupt erreicht werden kann. Die EU hat ausgerechnet, welche Verhaltensänderungen besonders klimaschutzrelevant sind. Der völlige Verzicht auf Fleischkonsum brächte bereits 2020 eine Reduktion von 266 Millionen Tonnen CO2. Doch 365 Tage fleischlos wird es nicht spielen.

Verlustgeschäft

Ökonomisch rechnen sich die hohen Investitionen in Energiesparprojekte ohnehin nur dann, wenn die Energiepreise deutlich steigen. Doch diese Annahme ist nicht realistisch. Experten rechnen mit stabilen oder leicht sinkenden Preisen. Energieintensive Produktionen wandern bereits in anderen Kontinente ab. So baut die Voest ihr neues Werk in den USA.

Die Skepsis, ob die EU-Strategie sinnvoll ist, steigt. „Wir sollten von den überehrgeizigen Plänen Abstand nehmen, solange der Rest der Welt nicht mitmacht“, ist der Vorstand der Energie Control Austria, Walter Boltz, überzeugt. Wenn dann der Klimawandel tatsächlich kommt, „dann können wir das eingesparte Geld gut brauchen.“

Kohle-Smog wie in Kattowitz oder Krakau drückt den Besuchern der polnischen Hauptstadt Warschau nicht auf die Lunge. Doch am 19. UN-Kimagipfel wird der CO2-lastige Energieträger so manchem Ökologen auf den Magen schlagen. Denn der Gastgeber Polen ist kein neutraler Moderator. „Kohle ist unsere Schlüsselenergieform“ verkündete Polens Wirtschaftsminister Janusz Piechocinski kämpferisch. Parallel zum UN-Gipfel organisiert er eine Konferenz mit internationalen Kohle-Interessenvertretern. Das Land plant neue Kohlekraftwerke.

Weniger Emissionen

Polen senkte seine CO2-Emissionen im Vergleich zum Jahr 2011 um 3,2 Prozent – der Ausstoß aller EU-Länder konnte nur um 2,1 Prozent gesenkt werden. Polens Emissionen liegen pro Kopf etwas über dem EU-Durchschnitt.

Nicht wegen der Statistik gilt Polen als „Klimagegner“, sondern wegen seiner Politik, die sich auch gern mal in einem Veto manifestiert: Im März 2012 stemmte sich Polen in Brüssel gegen CO2-Sparziele für 2020 und 2050. Auch versuchte das Land vergeblich den CO2-Emissionshandel, der die Kohlenutzung zugunsten des emissionsschwächeren Erdgas verteuert, mit einer Klage vor dem Europäischen Gerichtshof zu verhindern. Die angepeilte CO2-Reduktion macht Polens liberal-konservative Regierung von einer wenig wahrscheinlichen Zustimmung von den Kohle-Giganten USA und China abhängig.

Umweltorganisationen haben eine Konferenz mit dem Titel „Klimasünden Polens“ organisiert. „Wenn sich keine europäische Einigung erzielen lässt, so wird sich auch international nichts bewegen.“ warnt Maciej Muskat, Chef von Greenpeace Polska.

Dabei geht die Schwarzkohleproduktion leicht zurück. Der Abbau der CO2-lastigeren Braunkohle steigt jedoch. 2012 wurden fünf Prozent mehr gefördert als 2011. Nahe Legnica (deutsch Liegnitz) soll Europas größtes Braunkohletagewerk entstehen. Dort lagern geschätzte 35 Milliarden Tonnen.

Mehr Export

Wegen der steigende Förderkosten und der sinkenden Kohlepreise befinden sich die Kohle-Unternehmen, an denen auch der Staat beteiligt ist, in einer Krise. Als Ausweg wird der Export angesehen. Die Ausfuhr soll von 7,4 Millionen Tonnen im letzten Jahr auf 10 Millionen Tonnen gesteigert werden. Zielländer sind Deutschland, Österreich und Tschechien.

Als weitere Energiequelle sieht die Regierung die Gewinnung von Schiefergas. Bisher kam es jedoch nur zu Probebohrungen. Zudem sind zwei Atomkraftwerke geplant. Der Anteil erneuerbare Energieformen am Strombedarf beträgt 10,4 Prozent .