Online-Optiker Mister Spex wird sesshaft
Von Anita Staudacher
Online allein macht offenbar doch nicht glücklich. Nach Amazon und Zalando setzt auch Europas führender Online-Optiker Mister Spex verstärkt auf stationäre Shops. Allein im ersten Halbjahr sperrte der Internet-Händler fünf eigene Brillengeschäfte in Deutschland auf, erst kürzlich eines in Bochum und in der Dortmunder Innenstadt.
Weitere sollen folgen: "Wir können uns auch eigene Läden außerhalb Deutschlands vorstellen, da schließe ich Österreich mit ein", verrät Mister-Spex-Geschäftsführer Mirko Caspar dem KURIER. Konkrete Pläne gebe es derzeit aber nicht. "Wir suchen entsprechende Verkaufsflächen, bevorzugt in hoch frequentierten Innenstadt-Lagen."
Funktioniert der Online-Vertrieb von Brillen doch nicht so gut? Caspar widerspricht, die Läden seien viel mehr eine Erweiterung des Geschäftsmodells um zusätzliche Zielgruppen . "Der Multikanal wird für alle Online-Händler wichtig, nicht nur für uns." Als Mister Spex vor zehn Jahren in Berlin gestartet sei, habe es einen Internet-Hype gegeben, jetzt würden viele Investoren umdenken und eher an die Kombination aus On- und Offline glauben. "Die Gründer haben das immer schon im Auge gehabt", so Caspar, "daher haben wir schon 2011 unser Partnerprogramm mit stationären Optikern gestartet."
Gleiche Preise
Die Preise seien online und offline dieselben, die Ware werde vom zentralen Logistiklager in Berlin ausgeliefert. Dort befindet sich auch eine Optikerwerkstatt, in der die Endfertigung und Qualitätskontrolle der Brillen erfolgt. Im Sortiment befinden sich mehr als 9000 Brillenmodelle (Gleitsicht- und Sonnenbrillen) sowie Kontaktlinsen.
Mit einem riesigen Sortiment vor allem im Marken- und Designer-Bereich, Gratis-Versand und Diskontpreisen greift Mister Spex Optikerketten wie Fielmann oder Pearle an. Das Konzept: Kunden können bis zu vier Brillen online aussuchen und zur Anprobe nach Hause liefern lassen. Nach Rücksendung und Angabe des Sehstärke wird die ausgesuchte Brille nach einigen Tagen geliefert. Sehtests sind auch bei Partner-Optikern möglich.
In Österreich ist Mister Spex seit drei Jahren präsent. "Österreich ist eines unser Kern-Wachstumsländer", sagt Caspar, der viel Geld in die Werbung steckt. Die angepeilten 100.000 Kunden seien schon fast erreicht.
Schwieriger Markt
Der Schulterschluss mit lokalen Optikern gelang bisher kaum, gerade einmal 35 Partner-Optiker sind im Netzwerk von Mister Spex. Manche Augenoptiker warnen sogar vor dem Brillenkauf per Mausklick. Für einen optimalen Sehkomfort bedarf es einer perfekten Zentrierung der Gläser, was über Internet nicht möglich sei. Ein länderspezifisches Österreich-Portal wurde wieder aufgegeben, die Bestellungen laufen über die deutsche Website.
Mister Spex ist in zehn Ländern aktiv und beschäftigt 550 Mitarbeiter. Der Umsatz blieb zuletzt (2015) mit 80 Mio. Euro unter den Erwartungen. Das Unternehmen sei "noch nicht ganz profitabel", sagt Caspar, die Region "Deutschland, Österreich, Schweiz (DACH)" schreibe inzwischen aber schwarze Zahlen.
Auf der einen Seite große Optikerketten wie Fielmann, Pearle oder Hartlauer, auf der anderen Seite zunehmende Konkurrenz aus dem Ausland von Internet-Anbietern wie Mister Spex oder brillen.de: Die knapp 700 heimischen Augenoptiker haben schon bessere Zeiten gesehen. „Gute Qualität und Beratung hat seinen Preis, aber viele Kunden wollen nur noch billige Ware. Die Mitte bricht immer mehr weg“, sagt Markus Gschweidl, Berufsgruppenobmann der Augenoptiker in der Wirtschaftskammer (WKO).
In Deutschland sank der Marktanteil der mittelständischen Augenoptiker allein im Vorjahr von 60,5 auf 55 Prozent. Während die großen Filialisten ihren Umsatz um durchschnittlich 3,6 Prozent steigern konnten, lag das Durchschnittsplus bei den mittelständischen Betrieben lediglich bei 0,2 Prozent.
Zahlen für Österreich gibt es nicht, eine große Marktbereinigung hat es laut Gschweidl zuletzt aber nicht gegeben. „Die Lage ist relativ stabil.“ Einige Optiker hätten ihre Kooperationen mit Internet-Händlern wieder aufgegeben, weil die versprochenen Umsatzsteigerungen ausgeblieben seien. Dass die Konkurrenz aus dem Web jetzt selbst stationär wird, wundert Gschweidl nicht: „Brillen sind ein beratungsintensives Produkt.“
Für Unmut unter den Augenoptikern sorgen auch Augenärzte, die ihre Berufsbefugnisse überschreiten und mitunter selbst am Brillengeschäft mitverdienen. Zur Berufsabgrenzung gibt es immer wieder Rechtsstreitigkeiten.