Österreich immer korrupter
In keinem Land Europas ist die Korruption nach Einschätzung von Transparency International so verbreitet wie in Griechenland. Mit nur 36 von 100 möglichen Punkten bildet das hochverschuldete Land laut dem am Mittwoch veröffentlichten Korruptionsindex für das Jahr 2012 das Schlusslicht in Europa. Österreich liegt mit 69 Punkten auf Rang 25 und damit gleichauf mit Irland. Österreich befindet sich aber hinter den USA mit 73 und Frankreich mit 71 Punkten, aber auch Chile und Uruguay (72 Punkte). Deutschland kommt mit 79 Punkten weltweit auf Platz 13.
Am unbestechlichsten weltweit sind dem Index zufolge Mitarbeiter im öffentlichen Sektor in Dänemark, Finnland und Neuseeland. Alle drei Staaten landeten mit 90 Punkten an der Spitze der Liste. Die Schlusslichter sind Afghanistan, Nordkorea und Somalia, die es nur auf acht Punkte schaffen.
Griechenland, Kolumbien, Dschibuti
Transparency International forderte die europäischen Staaten auf, das Problem der Bestechlichkeit in der Verwaltung anzugehen, um die Finanzkrise zu lösen. Griechenland teilt sich mit Ländern wie Kolumbien oder Dschibuti den 94. von insgesamt 174 Plätzen und ist das am schlechtesten bewertete EU-Land. Italien kam mit 42 Punkten auf Platz 72 weltweit bzw. in Europa auf den drittletzten Platz. Italien war damit in puncto Korruptionsbekämpfung auf dem gleichen Stand wie Bosnien-Herzegowina.
Die ebenfalls krisengebeutelten Staaten Spanien und Portugal schaffen es ins Mittelfeld, gefolgt von mittel-osteuropäischen Staaten. Spanien belegt mit 65 Punkten Platz 30, Portugal liegt mit 63 Punkten auf Rang 33. Bulgarien und Montenegro nehmen europaweit den zweitschlechtesten Rang ein, weltweit den 41. Platz.
Auch nach dem Arabischen Frühling ist Korruption der Untersuchung zufolge in der Region weiter ein Problem. So erhielt Ägypten nur 32 Punkte für seine Korruptionsbekämpfung und belegte damit den 118. Platz. Tunesien landete mit 41 Punkten auf Platz 75, der Jemen mit 23 Punkten auf Rang 156.
Auch Österreich hat sich verschlechtert
Die österreichische Abteilung von Transparency International sieht das Ergebnis als "starke Verschlechterung Österreichs": "Lag Österreich 2005 noch auf Rang 10 in der Wahrnehmung der internationalen Geschäftswelt, so liegt Österreich 2012 weltweit nur noch auf Rang 25", so Vorstandsvorsitzende Eva Geiblinger. Dies sei auch im Vergleich zum Vorjahr – damals lag Österreich mit Großbritannien und Barbados auf Rang 16-18 - eine sehr markante Verschlechterung.
Österreich sei im Vergleich der EU-27 nur mehr im Durchschnitt, im Vergleich der früheren EU-15 und der angelsächsischen Demokratien sogar nur mehr im unteren Drittel, heißt es seitens der Organisation weiter.
Als Ursache werden zum einen die methodische Überarbeitung des Index angesehen - 2012 wurden nur Umfragen/Einschätzungen aus dem aktuellen Jahr berücksichtigt, bis 2011 solche aus den letzten beiden Jahren, womit die Ergebnisse über mehrere Jahre "geglättet" wurden. Zum anderen sei Korruption öffentlich deutlich sichtbarer geworden: "Wir erkennen durchaus an, dass nicht nur die Medien, sondern auch die Justiz sowie die Regierung und die Abgeordneten - mit dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zumindest im ersten Halbjahr 2012 - mittlerweile viel zur Aufdeckung von Korruption beigetragen haben", meint Geiblinger. Als Ergebnis wurden etwa unter anderem schwerwiegende Lücken im Korruptionsstrafrecht geschlossen und ein neues Parteiengesetz erlassen.
Experten
„Der Index gibt wieder, wie uns die internationale Geschäftswelt einschätzt“, sagt Transparency-Beirat Hubert Sickinger. „Mit der Aufarbeitung der Altfälle kann sich Österreich wieder verbessern.“ Teilweise habe die Politik schon regiert. Er verweist dabei auf das Transparenzpaket sowie auf die neuen Parteien- und Lobbying-Gesetze.
Etwas härter geht Ex-Rechnungshof-Chef Franz Fiedler mit der Politik ins Gericht. „Wir haben uns seit dem Jahr 2005 konsequent abwärts bewegt, das hat die Politik bisher nicht gestört“, sagt Fiedler. „Wir haben viel zu lange zugewartet, es müssen eine Fülle von Korruptionsverfahren aufgearbeitet werden.“ Fiedler fordert eine personelle Verdoppelung der Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft, eine Übertragung des Weisungsrechts gegenüber Staatsanwälten von der Justizministerin an einen Bundesanwalt und das Schließen von Lücken im Lobbying-Gesetz. Dass Korruptionsverfahren sehr lange dauern, führt er auf ein Versagen der Justizverwaltung zurück.
Weitere Maßnahmen
"Die Regierungen müssen Anti-Korruptions-Maßnahmen bei allen staatlichen Entscheidungsprozessen einbeziehen", forderte die Vorsitzende von Transparency International, Huguette Labelle. Besonders wichtig seien bessere Regeln für Lobby-Arbeit und Parteienfinanzierung sowie die Offenlegung staatlicher Ausgaben und Auftragsvergaben. Der diesjährige Index zeige, dass "Gesellschaften weiter einen hohen Preis für Korruption bezahlen", kritisierte Labelle.
Der Index ermittelt, wie korrupt die öffentliche Verwaltung in einem Land ist. Er gründet auf Studien und Einschätzungen renommierter unabhängiger Institute. Fallzahlen von Bestechlichkeit in öffentlichen Ämtern dagegen lassen nach Angaben von Transparency International keine eindeutige Bewertung zu. Sie belegten lediglich, wie effektiv die Staatsanwaltschaft, die Gerichte oder die Medien eines bestimmten Landes bei der Aufdeckung von Korruption sind.
Die gemeinnützige Organisation Transparency International (TI) definiert Korruption als Missbrauch von anvertrauter Macht zum privaten Vorteil. Im Bündnis mit Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft will sie Korruption bekämpfen. Die Organisation ist in mehr als 90 Ländern aktiv und finanziert sich aus Beiträgen von Stiftungen, Firmen, Regierungsinstitutionen und Spenden.
Transparency wurde 1993 vom früheren Weltbank-Direktor Peter Eigen in London und Berlin gegründet. Als seine Nachfolgerin führt die Kanadierin Huguette Labelle die Organisation, Deutschland-Chefin ist Edda Müller. Sitz des Internationalen Sekretariats ist Berlin. Das österreichische Chapter von TI leitet Universitätsprofessorin Eva Geiblinger. Als Präsident des Beirats fungiert Ex-Rechnungshofpräsident Franz Fiedler.
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