Wirtschaft

Gegenwind für Strom-Dinosaurier

Am Strommarkt ist der Teufel los: Die in Deutschland und Österreich rasant gestiegene Erzeugung aus Wind- und Sonnenenergie schneidet den traditionellen Energiekonzernen mit ihren Atom-, Kohle- und Wasserkraftwerken nicht nur ein gutes Stück ihres Geschäftes weg. Die enorme Masse an Ökoenergie hat auch den Großhandelspreis für Strom in zuvor ungeahnte Tiefen getrieben – davon profitieren bisher nur Industrieunternehmen.

Während die Großenergiekonzerne jammern, freuen sich Wind- oder Sonnenenergieanbieter über ihren wachsenden Einfluss. „Wir sind angetreten, um etwas gegen den Stromfilz zu tun“, gibt sich etwa Horst Ebner, Chef des kleinen Wiener Grünstromanbieters, Oekostrom AG, selbstbewusst. Dass die Energiewende vor dem Scheitern stehe, weil sie wegen der hohen Ökostromförderungen zu teuer sei, hält er für übertrieben. „Das können nur die alten Strom-Dinosaurier, also die traditionellen Versorger, behaupten“, meint er.

Ökostrom werde nicht dauerhaft ein Hochpreis-Produkt bleiben, ist Ebner überzeugt. Der Kleinanbieter, der Strom aus eigenen Wind- und Sonnenanlagen vertreibt und auch Ökoenergie von Fremdanlagen zukauft, hat erst zu Jahresbeginn mit einer Stromdiskont-Aktion zusammen mit der Lebensmittelkette Hofer auf sich aufmerksam gemacht. 5000 neue Kunden hat er damit in wenigen Wochen geangelt. Jetzt denkt die Oekostrom AG über eine neue Aktion nach. Und zu Jahresbeginn 2014 will sie ihre Preise generell senken. Mit 6,75 Cent je Kilowattstunden Strom in der Hofer-Aktion war die Oekostrom AG nur wenig teurer als der Verbund, der derzeit günstigste am Markt. Mittelfristig will Ebner die Kundenzahl von jetzt unter 30.000 auf 100.000 anheben. Die vergleichsweise günstigen Strompreise bringt das Unternehmen zustande, weil es vor allem von Ökostromanlagen kauft, deren Förderung schon abgelaufen ist. Und die verkaufen ihren Strom zu Marktpreisen.

Förder-Baustelle

Dass alteingesessene Stromversorger mit der Energiewende arg zu kämpfen haben, bestätigt auch Martin Graf, Vorstand der Energiemarktaufsicht. Er glaubt, dass die Energiewende den größten Umbruch in der Branche auslösen wird. „Die Unternehmen müssen ihre Geschäftsmodelle völlig ändern“, betont er.

Aber auch die Ökostromerzeuger werden sich auf neue Zeiten einstellen müssen: Die Förderungen, die die Verbraucher als Teil des Strompreises zahlen, haben in Deutschland längst das erträgliche Ausmaß überschritten. 20 Milliarden Euro pro Jahr zahlen die Konsumenten, in Österreich sind es vergleichsweise moderate 350 Millionen Euro. „Nach den deutschen Wahlen wird sicher gekürzt“, erwartet Graf. Dann wird auch Österreich umbauen. Ziel: Die Ökostrom­erzeuger müssen Strom vermehrt direkt zum Marktpreis verkaufen und sich stärker an den Kosten etwa des Netzausbaus beteiligen.