Wirtschaft

ÖIAG: Zuerst die Posten

Die Kärntner Hypo beherrscht derzeit die Wirtschaftspolitik, doch im Abseits wird bei Neo-Finanzminister und ÖVP-Chef Michael Spindelegger sowie in der SPÖ eifrig am Ausbau der Staatsholding gefeilt. Der Zeitpunkt ist günstig. Nach den umstrittenen Vorgängern schaffte es der neue Chef Rudolf Kemler, den Tanker ÖIAG in ruhiges Fahrwasser zu steuern. In der Staatsholding sind die Beteiligungen an den Schwergewichten OMV, Post und Telekom Austria gebunkert.

Erste Priorität hat die Neubesetzung des Aufsichtsrates. Schwarz und Rot wollen dieses unter Schüssel/Grasser installierte, sich selbst erneuernde Gremium kippen. „Die Selbsterneuerung hat sich leider nicht bewährt, weil sie von einer Jagd-, Papier- und Auto-Gesellschaft ad absurdum geführt wurde“, bringt Nationalbank-Präsident Claus Raidl, Ex-Industrieller und ÖVP-Mitglied, die breite Kritik auf den Punkt. Nur zwei der zehn Kapitalvertreter – Ex-Siemens-Vorstand Brigitte Ederer (SP) und ÖVAG-Chef Stephan Koren (VP) – sind nicht mit den anderen Aufsichtsräten verbandelt. Die erforderliche Änderung des ÖIAG-Gesetzes wird in eines der Budgetbegleitgesetze verpackt. Die Neuregelung soll im April durch den Ministerrat und im Mai ins Parlament. Im Juni soll der neue Aufsichtsrat stehen. Bei der ÖVP ist die ÖIAG Chefsache, für die SPÖ wird Sozialminister Rudolf Hundstorfer verhandeln.

„Da werden viele sagen, jetzt kommt wieder die Parteipolitik zurück. Aber letztlich hat der Minister die Verantwortung, daher soll der Minister oder die Regierung auch den Aufsichtsrat bestellen“, argumentiert Raidl. Beiden Regierungsparteien dürfte mittlerweile aber ohnehin klar sein, dass sie qualifizierte KandidatInnen ins Rennen schicken müssen. Zu groß wäre sonst die öffentliche Empörung.

Im Finanzministerium wird derzeit die Ausschreibung des Personalberaters ausgearbeitet. Die Zahl der Kapitalvertreter wird auf zwölf erhöht, alle Aufsichtsräte müssen den Compliance-Regeln entsprechen und wie die Banker einen „Fit & Proper Test“ bestehen. Der Kfz-Industrielle Peter Mitterbauer wird mit der nächsten Hauptversammlung, die vom 23. Mai auf Juni verschoben werden muss, abtreten. Seinem Vize Siegfried Wolf, Wegbegleiter von Magna-Gründer Frank Stronach und Top-Manager im Imperium des Oligarchen Oleg Deripaska, werden Ambitionen auf den Vorsitz nachgesagt. Daraus wird wohl nichts, speziell bei Wolf weist man besonders auf die Compliance hin. Auch die Neo-Aufsichtsrätin und Rechtsprofessorin Brigitta Zöchling-Jud, Ehefrau eines engen Wolf-Mitarbeiters, dürfte verabschiedet werden.

Hinter den Kulissen wird intensives Namedropping betrieben. Auf SPÖ-Seite wird Ex-OMV-Chef Wolfgang Ruttenstorfer als neuer Kandidat genannt. Ederer und Koren sollen bleiben. Gegen den Einzug von AK-Direktor Werner Muhm, einem der engsten Berater von Bundeskanzler Werner Faymann, legt sich die ÖVP quer, die ÖIAG sei „kein Ausgedinge für AK-Funktionäre“. Konter aus der SPÖ: „Die ÖIAG ist kein schwarzes Wunschkonzert.“ Muhm wurde von Ex-Finanzministerin Maria Fekter, VP, aus dem Generalrat der Nationalbank gekippt, sitzt aber wieder drin. Auf schwarzer Seite hört man den steirischen Ex-Landesrat und Unternehmer Herbert Paierl, den Spindelegger als ÖIAG-Chef nicht durchbrachte. Auch Sparkassen-Generalsekretär Michael Ikrath, der keinen Sitz im Parlament mehr hat, sowie Ex-Orange-Chef Michael Krammer werden kolportiert.

Noch 2014 könnten weitere Bundesbeteiligungen in die ÖIAG gepackt werden. Über die Bundesimmobiliengesellschaft BIG, die Bundesforste und den Drittel-Anteil der Nationalbank-Tochter Münze an den Casinos Austria dürfte nicht viel gestritten werden. Mit den Glücksrittern wird’s freilich nicht ganz so einfach. Die ÖIAG müsste der Münze den Casinos-Anteil abkaufen. „Glücksspiel ist nicht unser Kerngeschäft, doch wir haben nichts zu verschenken“, heißt es bei den Notenbankern. Die prüfen, ob nicht eine EU-weite Ausschreibung notwendig wäre.

Wesentlich schwieriger wird es bei der Autobahngesellschaft Asfinag und bei der Bahn. Die ÖVP würde gerne den Personenverkehr und die Rail Cargo unters Dach der ÖIAG bringen, doch SP-Infrastrukturministerin Doris Bures blockt ab. Da könnte noch gedealt werden. Etwa mit dem Stromkonzern Verbund, der zu VP-Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner ressortiert.

Eine vergrößerte ÖIAG soll auch einen zweiten Vorstand bekommen. Da Kemler inzwischen der ÖVP zugerechnet wird, hat nach der österreichischen Farbenlehre die SPÖ den Anspruch darauf. Der Job würde Christoph Matznetter, SP, gut gefallen, der aus dem Nationalrat fiel. Er sitzt seit Kurzem statt Ex-SP-Verkehrsminister Caspar Einem im Aufsichtsrat der Flugsicherung Austro Control. Doch auf ein ÖIAG-Ticket hat Matznetter weder bei den Schwarzen noch in der eigenen Partei Chancen. Favorisiert wird Siemens-Österreich-Chef Wolfgang Hesoun. Er sei nicht gefragt worden, fühle sich in seinem derzeitigen Umfeld sehr wohl und habe „den Jobwechsel zu Siemens als langfristiges Projekt angelegt“. Wiewohl es „nicht ehrenrührig ist, mit so einer Funktion in Zusammenhang gebracht zu werden“, erklärt der anerkannte Spitzenmanager. Man darf gespannt sein.