Wirtschaft

ÖBIB – Regierung greift durch

Etliche Jahre war die Regierung bei der Staatsholding ÖIAG auf die Zuschauerbänke verbannt. Die Entscheidungen über die gewichtigsten Unternehmensbeteiligungen der Republik traf der sich selbst erneuernde Aufsichtsrat, ein Relikt der Ära Schüssel/Grasser. Der Aufsichtsrat war zwar von der Politik unabhängig, entwickelte sich aber zum Freundesverein. Jeder war mit jedem irgendwie im Geschäft.

Seit September 2013 dokterte die Regierung an einer Aufwertung der ÖIAG zur Standortholding und der Abschaffung dieses Aufsichtsrates herum. Die große ÖIAG neu scheiterte an gravierenden Meinungsverschiedenheiten zwischen SPÖ und ÖVP. Die Verfügungsgewalt über das Eigentum der Steuerzahler holt die Regierung wenigstens wieder zurück.

Bundeskanzler Werner Faymann und VP-Chef Reinhold Mitterlehner präsentierten am Dienstag im Ministerrat die neue ÖBIB, die ab April stehen soll. „Ein politisch richtiger, wichtiger und notwendiger Schritt“ sei das Ende der Selbsterneuerung, betonte Faymann. Man konnte Entscheidungen nicht beeinflussen, „aber die politische Verantwortung wurde der Regierung zugewiesen“, argumentierte Mitterlehner.

Wie der KURIER bereits berichtete, wird diese GmbH direkt dem Finanzminister unterstehen. Der Geschäftsführer bzw. Generalsekretär ist weisungsgebunden, die Gesellschaft selbst bekommt keinen Aufsichtsrat.

Ein Nominierungskomitee wird künftig die 18 Aufsichtsräte aussuchen, welche die ÖBIB in die Beteiligungsunternehmen schickt. Im Komitee werden die Staatssekretäre Sonja Steßl (SPÖ) und Herbert Mahrer (ÖVP) sitzen. Sowie zwei erfahrene Unternehmer bzw. Manager, die bei Stimmengleichheit entscheiden.

Über die Auswahlkriterien für die Aufsichtsräte war zuletzt heftig gestritten worden. Für Vertreter der Sozialpartner gibt es nun doch keine keine vierjährige Abkühlperiode, die ursprünglich im Gesetzesentwurf vorgesehen war. Durch die strenge Auslegung des Corporate Governance Kodex könnten Kammersekretäre und Politiker de facto trotzdem verhindert werden. Er garantiere, dass „die besten Köpfe ausgewählt werden“, betonte Finanzminister Hans Jörg Schelling (ÖVP) glaubwürdig. Wird spannend, ob sich Schelling gegen Posten-Begehrlichkeiten durchsetzen kann.

Weniger Mitarbeiter

Im Gegensatz zur alten ÖIAG kann die neue Gesellschaft, die von derzeit 17 auf fünf Mitarbeiter geschrumpft wird, Anteile oder ganze Unternehmen zukaufen. Dieser Aspekt war vor allem der SPÖ wichtig, die verhindern wollte, dass die ÖIAG wieder zur Privatisierungsagentur wird. Gleichzeitig kann irgendwann in der Zukunft aus der ÖBIB vielleicht doch noch die große Standortholding werden.

Der neue ÖBIB-Geschäftsführer soll zwar Management-Erfahrung mitbringen, hat aber wesentlich eingeschränktere Aufgaben als der derzeitige, glücklose ÖIAG-Vorstand.

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KURIER: Die ÖIAG wird zur GmbH. Ist das ein Fort- oder Rückschritt?
Georg Kapsch: Wir können mit der GmbH leben, solange die Politik nicht unmittelbar Einfluss nimmt. Es muss eine Cooling-off-Periode von vier Jahren gelten. Sonst öffnen wir Sozialpartnern und Politikern Tür und Tor – in der Staatsholding und, noch schlimmer, in den Tochtergesellschaften. Da geht es doch nur um Postenschacher und Einflussnahme.

Soll das auch für die IV gelten?
Für alle, die in der Politik, in politiknahen Bereichen und Interessenvertretungen Funktionen haben oder hatten. Dazu zählt auch die Industriellen-Vereinigung.

Genau das, was Sie kritisieren, warf man bisher der IV vor: Sie hätte die ÖIAG gekapert.
Das ist unrichtig. Ja, der ehemalige IV-Präsident Peter Mitterbauer war lange Zeit Aufsichtsratsvorsitzender der ÖIAG. In dieser Zeit war diese eine Erfolgsgeschichte. Das hatte aber mit der IV null zu tun, wir haben uns in keiner Weise eingemischt.

Die Verflechtungen waren doch viel enger. Der Aufsichtsrat galt als Autoindustrie-Clique ...
Diese Menschen hatten bewiesen, dass sie in der Wirtschaft etwas bewegen und sie waren von der Funktion nicht abhängig. Wir haben als IV gar nichts dagegen, die Selbsterneuerung des Aufsichtsrats zu reformieren, aber es darf nicht zur Repolitisierung führen. Genau das passiert jetzt. Die Sozialpartner blockieren dieses Land überall. Es kann doch nicht sein, dass sie die Regierung übernehmen. Zudem sind das alles Börseunternehmen: Welches Bild gibt das auf dem Kapitalmarkt ab? Eine einzige Katastrophe.

Die neue ÖIAG soll zukaufen dürfen. Was halten Sie davon?
Nicht viel. Der Staat soll sich zurückziehen, nicht in neue industrielle Ventures investieren.

Auch nicht als „Weißer Ritter“ gegen feindliche Übernahmen?
Darüber kann man diskutieren. Sollte der OMV-Zentrale bei einer Übernahme die Abwanderung aus Österreich drohen, wäre das katastrophal für den Standort. Da kann man was tun.