Wirtschaft

AUA will künftig für Extras kassieren

Schon jeder zweite Kunde in Europa fliegt mit Billig-Airlines. "Wir haben die Low-Cost-Carrier anfänglich unterschätzt", gesteht AUA-Vorstand Karsten Benz ein. Die Lufthansa-Tochter startet ab Sommer 2015 auf der Kurz- und Mittelstrecke mit einem neuen Preis- und Produktmodell, um der billigen Konkurrenz Passagiere abzujagen.

Das Konzept: Das Basis-Ticket gilt nur noch für "Flight only", ist dafür aber in Billig-Airline-Kategorien. Alles, was man an Zusatzleistungen will, muss extra bezahlt werden. Derzeit feilt die AUA noch an den Details und überlegt, welche Basisleistungen in den günstigen Tickets überhaupt noch enthalten sein sollen. Zielgruppe sind jene preissensiblen Kunden, die im Internet buchen.

Derzeit kriegt der Kunde mit einem günstigen Ticket ("red ticket") wenigstens noch ein alkoholfreies Getränk, einen bescheidensten Imbiss und kann ein Gepäckstück aufgeben. Etliche Low-Coster bieten zum Grundtarif jedoch weder Essen noch Gepäck. "Wir überlegen, ob wir das auch so machen werden", sagte Benz vor Journalisten in New York. Auch für die Tageszeitungen an Bord könnte bald ein Obolus verlangt werden.

Für Sitzplatzreservierungen müssen seit Anfang des Jahres bereits zwischen 10 und 25 Euro bezahlt werden. Früher musste für die wegen ihrer Beinfreiheit begehrten Sitze am Notausstieg kein Aufpreis berappt werden, jetzt dürfen die Passagiere dafür zwischen 20 und 70 Euro zusätzlich hinlegen.

Klassensystem

"Wir wollen unsere Kunden nicht überrumpeln und für jeden Handgriff zahlen lassen", beteuert Benz. Vielmehr sollen sich die Kunden künftig ihr Flugprodukt selbst nach dem Baukastensystem zusammenstellen können. "Die Kunden zahlen nur für jene Leistungen, die sie auch haben wollen." Dabei würden die Grenzen zwischen Economy- und Business-Class immer stärker verschwimmen.

Neben dem Basic-Produkt plant die AUA drei weitere Tarifsysteme. Wer sich "Medium light" leistet, hat etwa gegen Aufpreis einen freien Nebensitz oder mehr Komfort am Flughafen. Beispielsweise kürzeres Anstellen in der "Fast Lane" oder den Besuch in einer Lounge. Der "Medium high"-Passagier hat zum – freilich höheren – Ticketpreis ein noch komfortableres Produkt und "All-inclusive" bietet alle Leistungen der Business-Class.

Wer statt in der engen Holzklasse lieber gemütlich sitzen will und gerne pokert, kann ab 72 bis 48 Stunden vor Abflug ein Plätzchen vorne ersteigern – soferne noch Sitze frei sind.

Überlegt wird auch, verriet Benz, nach dem Vorbild der Mutter Lufthansa auf der Mittelstrecke eine "Premium Economy"mit größerem Sitzabstand einzurichten. Ebenso wird intensiv an WLAN an Bord gearbeitet.

Mit diesen Zusatzleistungen, im Fachjargon "Ancillary Services" genannt, wollen die Airlines weltweit ihre schwachen Erträge aufbessern.

"Vorreiter sind die USA, da sind Koffer oder Bordverpflegung ohne Aufpreis schon seit Jahren kein Thema mehr", weiß Nils Haupt, Lufthansa-Sprecher für Nord- und Südamerika.

Um auf der Langstrecke weiter zu expandieren, braucht die AUA eine Einigung mit den Piloten und Flugbegleitern über einen neuen Kollektivvertrag. „Es muss Rechts- und Planungssicherheit geben“, betont Vorstand Karsten Benz, der hofft, dass die Verhandlungen so rasch wie möglich abgeschlossen werden. Wunschtermin wäre Herbst.

Die Eröffnung einer neuen Destination benötige eine Vorlaufzeit von einem Jahr. Im kommenden Winter wird die AUA voraussichtlich ein neues touristisches Langstrecken-Ziel in ihren Flugplan aufnehmen – vermutlich Mauritius.

Seit 2. Juli fliegt die AUA mit dem elften Langstrecken-Flieger der Flotte nach Newark, dem vierten Ziel in Nordamerika an. Manhattan ist von diesem Airport in einer halben Stunde erreichbar.

Das US-Geschäft läuft für die AUA und auch die Mutter Lufthansa derzeit hervorragend und ist profitabler als Asien. Die AUA will heuer rund 130.000 zusätzliche Passagiere über den Nordatlantik befördern. Derzeit beherrschen die vier größten US-Airlines 86 Prozent des nordamerikanischen Marktes. Der Lufthansa-Konzern hat ein Umsatz-Joint-Venture mit United, samt erlaubter Preisabsprache.

Rund 20.000 Bord-Menus werden von 600 Mitarbeitern täglich aus der Großküche von DO&CO am New Yorker JFK-Flughafen ausgeliefert. Der heimische Gourmetkonzern, der in New York neben der AUA noch Emirates, Turkish und Cathay Pacific verköstigt, investiert dort derzeit rund 20 Millionen Dollar.

Konzernchef Attila Dogudan hat in den USA ehrgeizige Ausbaupläne. Im Herbst sperrt er eine weitere Großküche in Chicago auf, dann folgen Washington und San Francisco.
In New York überlegt Dogudan außerdem den Bau eines Hotels. Der 10.000 Quadratmeter große Standort in direkter Nähe zum Flughafen ist im Eigentum des börsennotierten Unternehmens. „JFK ist einer der führenden Airports bei Verspätungen und Flugstreichungen. Da würde sich ein Hotel anbieten“, argumentiert Dogudan. Er denkt an eine Größenordnung von 80 Betten.

Dogudan warnt die Airlines, beim Essen zu sparen (siehe Artikel oben): „Essen am Flieger ist das billigste Marketinginstrument der Welt.“ Auch wenn kein Passagier wegen des Essens fliege, sei es riskant, die Kundenzufriedenheit aufs Spiel zu setzen. Airlines geben durchschnittlich vier Prozent ihres Umsatzes für Catering aus.

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