Wirtschaft

Neue Moden aus Textil-Abfällen

Geschätzte 150 Milliarden Kleidungsstücke drängen jedes Jahr neu in den Markt, laut Statistik würde damit jeder Erdenbürger jährlich mehr als 20 neue Teile bekommen. Um in der Flut aus T-Shirts und Hosen nicht unterzugehen, setzen Modehändler verstärkt auf Ökolabels und nachhaltige Produktionsmethoden. Davon profitiert auch der oberösterreichische Konzern Lenzing, der nun mit dem größten Modehändler der Welt ins Geschäft gekommen ist.

Lenzing recycelt in Kooperation mit dem spanischen Mode-Riesen Inditex (Zara, Bershka, Massimo Dutti, Pull&Bear) Stoffe, die beim Zuschnitt der Teile in den Fabriken abfallen. Diese Verschnitte werden aktuell am burgenländischen Standort Heiligenkreuz zu Fasern verarbeitet, gemischt und wieder an Inditex-Fabriken geliefert, die daraus neue Teile schneidern, die Anfang 2017 in die Geschäfte kommen sollen.

Das genaue Auftragsvolumen verrät Lenzing-Chef Stefan Doboczky nicht. Er rechnet aber bereits mit ähnlichen Aufträgen anderer Modemarken. "Wir haben nicht vor, der nächste Garn- oder Stoffhersteller zu werden, wollen aber in verschiedenen Schritten der Wertschöpfungskette einen Mehrwert generieren", sagt Doboczky.

Das erste Halbjahr ist für den börsenotierten Konzern gut gelaufen. Der Umsatz ist bei nahezu gleichbleibender Produktionsmenge um 8,3 Prozent auf 1,03 Milliarden Euro gestiegen, im Kerngeschäft Fasern sogar um 12,3 Prozent. Das Umsatzplus kommt aus den Preissteigerungen bei Polyester und Viskose. Diese sind auf die strengeren Umweltauflagen in China zurückzuführen.

Spezialfasern

Lenzing hat sich auf Tencel und Modal-Fasern spezialisiert, die für den Konzern rentabler sind als Viskose, unter deren Preisverfall der Konzern lange gelitten hat. Im ersten Halbjahr verbesserte sich das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) um 54,3 Prozent auf 195,1 Millionen Euro. Das Periodenergebnis stieg um 84 Prozent auf 94,6 Mio. Euro. Für das zweite Halbjahr rechnet Doboczky mit einem "guten Umfeld". Der Konzern beschäftigt knapp 6100 Mitarbeiter, mehr als die Hälfte davon in Österreich.

Mehr als 90 Prozent unserer Kleider kommen aus Asien, allen voran aus Fabriken in Bangladesch, Indien und China. Die Giftstoffe, die vor allem bei der Färbung, Imprägnierung und Waschung eingesetzt werden, wurden oft ungefiltert in Flüsse geleitet. Erst langsam führen die Regierungen strengere Umweltauflagen ein. Druck kommt auch von Konsumenten und den Modemarken selbst. Mehr als 70 Modefirmen haben sich auf Initiative der Umweltschutzorganisation Greenpeace freiwillig dazu verpflichtet, den Einsatz giftiger Chemikalien zu reduzieren.

Besonders engagiert sind demnach Zara, H&M und Benetton. Brösel gab es dagegen mit dem Sportartikelhersteller Adidas, der zwar die Selbstverpflichtung unterzeichnet hat, dann aber keine Taten folgen ließ, berichtet Greenpeace. Eine ganze Reihe von Luxuslabels wie Gucci oder Prada findet sich gar nicht auf der Liste. Dagegen haben sich im Vorjahr selbst Handelshäuser wie Aldi, Lidl, Rewe oder Tchibo der Initiative angeschlossen.

Eines der am stärksten eingesetzten Chemikalien in der Textilproduktion ist Nonylphenol, das in der EU bereits seit 2003 verboten ist. Die Gewässerbelastung in der EU ist dennoch nicht auf null zurückgegangen. Grund dafür ist die belastete Importware, die in Europa erstmals gewaschen wird. Die EU-Mitgliedsstaaten haben sich daher auf ein Importverbot geeinigt – aber erst ab dem Jahr 2020.