Wirtschaft

Nahrungsmittel werden knapp

Die Zeit der Butterberge und Milchseen als Folge der Überproduktion in der Landwirtschaft ist längst Vergangenheit. Wegen der wachsenden Weltbevölkerung steigt die Nachfrage nach Nahrungsmitteln rapide an. Daher schnellen auch die Weltmarkt-Preise für Agrarprodukte in die Höhe. Das betrifft natürlich auch Österreich.

Der Trend zu höheren, Agrarpreisen wird sich weiter fortsetzen. Die meisten Modellrechnungen gehen davon aus, dass sich die Weltmarktpreise für Getreide und Ölsaaten "in den nächsten Jahrzehnten verdoppeln werden", fasst Joachim von Braun, Direktor des Zentrums für Entwicklungsforschung an der Universität Bonn, die Prognosen zusammen.

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Plus 60 Prozent

Die Agrarexperten sind überzeugt, dass die globale Produktion bis 2050 um 60 Prozent gesteigert werden muss, um die wachsende Nachfrage nach Lebensmitteln befriedigen zu können. Was das in der Praxis bedeutet, hat OECD-Agraranalyst Ignacio Pérez Dominguez ausgerechnet: Verglichen mit dem Niveau in den Jahren 2005 bis 2007 ist eine Ausweitung der Produktion um jährlich eine Milliarde Tonnen Getreide und 200 Millionen Tonnen Fleisch notwendig. Da die für den Anbau von Nahrungsmitteln geeigneten Flächen begrenzt sind, kann dieses Ziel wohl nur durch Steigerung der Produktivität erreicht werden.

Das scheint möglich, weil in vielen Regionen die tatsächlichen Erträge deutlich niedriger sind als die möglichen Erträge. In zahlreichen Entwicklungsländern beträgt dieser Abstand laut Dominguez "über 50 Prozent".

Eine Möglichkeit zur Produktionssteigerung ist der Einsatz von Düngemitteln und Chemikalien zur Schädlingsbekämpfung. Die Anwendung von Pflanzenschutzmitteln hat die Erträge in Europa um rund 30 Prozent gesteigert. Die vor allem in Westeuropa beliebte biologische Landwirtschaft mit dem Verzicht auf Spritzmittel spielt im internationalen Vergleich kaum ein Rolle. Das wird wohl auch so bleiben.

Mehr Gentechnik

Stattdessen steigt der Anbau von gentechnisch veränderter Pflanzen außerhalb Europas. Auf rund 170 Millionen Hektar oder zwölf Prozent der Welt-Ackerfläche wird bereits mit Gentechnik gearbeitet. Laut einer Studie der Universität Berkeley wären die Weltmarktpreise für Mais und Ölsaaten ohne gentechnisch veränderte Pflanzen um 30 Prozent höher.

Nachrichten über Probleme mit Gentechnik verbreiten sich schnell in Europa. In der ARD-Sendung Report München gab es einen Beitrag über den Anbau des Gen-Maises 1507 in Brasilien. Laut Hersteller DuPont Pioneer sollte der Mais gegen Schädlinge resistent sein. Doch nach drei Jahren war Schluss mit der versprochenen Wirkung. Bauern klagen über beträchtliche Einnahmeneinbußen.

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Anders in Indien. Durch den Anbau von gentechnisch veränderter Baumwolle sind "die Gewinne der Bauern um 50 Prozent höher", lautet das Gegenbeispiel vonMatin Qaimvom Lehrstuhl für Welternährungswissenschaft an derGeorg August Universität Göttingen. Meldungen über einen Zusammenhang zwischen Gentechnik-Anwendung und einer höheren Selbstmordrate unter den indischen Bauern "sind erfunden".

Der zu erwartende Klimawandel wird an der nutzbaren landwirtschaftlichen Fläche nichts ändern. Allerdings wird sich die Situation "in den Tropen verschlechtern und im Norden stark verbessern", lautet die Einschätzung von Klaus Eder, Direktor des Instituts für Tierernährung und Ernährungsphysiologie an der Justus Leibig-Universität Gießen. Eder sieht daher "geostrategische Gründe", warum Russland und Kanada bei den Klimaschutzprogammen nicht mehr mitmachen.

Fakten und Meinungen

Eine Reihe hochrangiger Experten hat bei der Wintertagung der Deutschen Landwirtschafts-Gesellschaft (DLG) im Jänner 2014 in München über den weltweiten Handel mit Agrarprodukten referiert und diskutiert. Die gesammelten Vorträge sind im Buch "Weltagrarhandel. Wer profitiert? Wer verliert?" erschienen.

(Preis 26,80 Euro, 216 Seiten, Band 102, DLG-Verlag, Eschborner Landstraße 122, 60489 Frankfurt am Main. Internet: www.dlg-verlag@dlg.org)