Benko und der teure 1-Euro-Deal
Von Simone Hoepke
Um einen symbolischen Euro hat der 37-jährige Tiroler Immobilien-Investor René Benko in der Vorwoche 83 Karstadt-Warenhäuser und die restlichen Anteile an den Premiumhäusern und 28 Sporthäusern übernommen. Um die Kaufhäuser wieder auf Vordermann zu bringen, müsste er aber rund eine Milliarde Euro investieren, schätzen Experten.
Benko legt seine Pläne noch nicht offen. Bekannt ist nur, dass am Donnerstag der Aufsichtsrat über die Sanierungsschritte berät. Pläne, dass Benko Karstadt mit dem Rivalen Kaufhof verschmelzen will, kommen wieder auf den Tisch. Laut Handelsblatt plant Benko die Fusion bereits 2016.
„Das Momentum für dieses Thema ist eigentlich vorbei“, findet dagegen Gerrit Heinemann, Handelsexperte von der Hochschule Niederrhein. „Der Großteil der Karstadt-Filialen ist sanierungsbedürftig, dazu kommen Überschneidungen bei den Standorten. Nur ein Drittel der Standorte wären in Ergänzung optimal.“ Die Häuser müssten „grundlegend modernisiert und digitalisiert“ werden. Die Kosten dafür budgetiert Heinemann im Durchschnitt mit zumindest 1000 Euro pro Quadratmeter. Nachsatz: „Wir sprechen hier von Verkaufsflächen im Ausmaß von rund einer Million Quadratmetern und damit von rund einer Milliarde Investitionsvolumen.“ Es gehe auch um die Vernetzung mit dem Internet, in einer Art, wie sie internationale Konkurrenten vormachen.
So können bei Macy’s in den USA Kunden bereits die Verfügbarkeit aller Artikel in allen 675 Filialen bequem von zu Hause abfragen, die Artikel online reservieren und sich einen Warenkorb zur Abholung zu einer bestimmten Uhrzeit bereitstellen lassen. Heinemann: „Es kostet unheimlich viel Geld, solche Systeme und Logistikprozesse zu implementieren und die Mitarbeiter zu schulen. Ob Benko das Geld in die Hand nimmt, ist offen.“
Die zweite Variante wäre die Umwandlung einiger Häuser in Shoppingcenter, in denen sich Handelsmarken einmieten. Naheliegend wäre diese Lösung zumindest für die 17 Karstadt-Immobilien, die auch im Besitz von Benkos Signa sind. Damit würde die Zahl der Karstadt-Warenhäuser sinken, was die Erfolgsaussichten des kränkelnden Geschäftskonzepts nicht gerade verbessern würde. Zudem ist auch die Umwandlung eines Warenhauses in ein Shoppingcenter mitunter teuer. Experten schätzen, dass die Schließung einer Filiale bis zu 20 Millionen kostet, da sich das Unternehmen aus langfristigen Mietverträgen rauskaufen, Waren abschreiben und Mitarbeiter abfinden müsste. Hochgerechnet kommen Experten wieder auf rund einer Milliarde Euro.
Aufräumarbeiten
„Benko hat jetzt mit dem Ausmerzen der Karstadt-Managementfehler der vergangenen Jahre genug zu tun“, sagt ein Vertrauter des Tiroler Investors. Die Verschmelzung mit Kaufhof könne also nur mittel- bis langfristig auf der Tagesordnung stehen. Seitens der Signa Holding ist dazu nur das übliche „Gerüchte kommentieren wir nicht“ zu hören.
Kurzfristig stehe dem Unternehmen jedenfalls eine harte Sanierung bevor. Das Konzept Warenhaus, das unter einem Dach Tausende Artikel bietet, hat seinen Zenit längst überschritten. Das KaDeWe in Berlin, das Benko gehört, bietet bis zu 600.000 Artikel feil. Zum Vergleich: Amazon vertreibt im deutschsprachigen Raum mehr als 56 Millionen Artikel. Heinemann: „Amazon wird dieses Jahr im deutschsprachigen Raum um rund 2,5 Milliarden Euro Handelsvolumen zulegen und damit um den gesamten Karstadt-Umsatz wachsen – so viel zur Zukunftsfähigkeit von Karstadt.“