Mobilfunk: Es wird wieder mehr telefoniert
Von Anita Staudacher
Trotz Social Media, WhatsApp & Co: Das klassische Telefonieren mit dem Handy ist noch lange nicht tot. Im Vorjahr wurde in Österreich mit 21,8 Milliarden Minuten um fast 800 Millionen Minuten (+3,7 Prozent) länger telefoniert als noch 2015. "Die 800 Millionen Minuten entsprechen 1500 Jahre", erläuterte Lothar Roitner, Vizepräsident des Forums Mobilkommunikation (FMK) bei der Jahrespressekonferenz in Wien. Die Zunahme liege wohl auch daran, dass nationale Gespräche in den Tarifpaketen der Anbieter großzügig inkludiert seien und die klassische Telefonie einen besseren Gesprächskomfort biete als Telefonie-Apps, so Roitner.
Höherer Datenverbrauch, weniger SMS
Durch die Verbreitung der vierten Mobilfunktechnologie LTE schießt auch der Datenverbrauch in die Höhe. Im Vorjahr hat sich das mobile Datenvolumen auf 652,9 Millionen Gigabyte gegenüber 2015 mehr als verdoppelt, innerhalb der vergangenen sieben Jahren sogar vervierzigfacht. "Das LTE-Netz ist noch jung, aber trotzdem schon voll ausgelastet", sagte FMK-Geschäftsführerin Margit Kropik. Deutlich rückläufig ist die Zahl der versendeten SMS. Mit nur noch drei Milliarden gab es 2016 ein Minus von 37 Prozent. Viele Kurznachrichten werden heute via Social-Media-Diensten wie "WhatsApp" erledigt, dennoch bleibt laut einer Umfrage des FMK SMS-Schreiben nach dem Telefonieren die beliebteste Anwendung am Smartphone. 75 Prozent der Befragten gaben an, SMS zumindest gelegentlich zu nutzen.
Jeder Zehnte schaut fern
Die Verfügbarkeit eines höheren Datenvolumens verändert jedoch auch das Nutzerverhalten. Seit 2012 hat sich die mobile Nutzung von Sozialen Medien nahezu verdreifacht. Waren vor fünf Jahren gerade einmal 13 Prozent via Smartphone auf Facebook, Instagram, WhatsApp & Co, so sind es heute bereits 66 Prozent. Laut Umfrage nutzen 70 Prozent das Smartphone zum Fotografieren, jeder Zehnte gibt an, auch Fernsehprogramme zu verfolgen. "Eine Herausforderung für den Handel" ist für Kropik die Nutzung von Preisvergleichs-Seiten am Smartphone. 20 Prozent der Befragten geben an, regelmäßig im Geschäft die Preise zu checken, 17 Prozent stellen Produktvergleiche an.
Branchenergebnis rückläufig
Die drei Mobilfunk-Netzbetreiber in Österreich (A1, T-Mobile, Drei) setzen im Vorjahr 4,01 Mrd. Euro um, um zwei Prozent weniger als 2015. Das operative Ergebnis (EBITDA) brach jedoch um 26,7 Prozent auf 1,51 Mrd. Euro ein. Ein Grund für den Rückgang ist der wieder angeheizte Preiskampf durch den Markteintritt weiterer virtueller Mobilfunkanbieter (MVNO) in den österreichischen Markt. 2015 konnten die Netzbetreiber das Branchen-Ergebnis noch um 70 Prozent steigern. Für das laufende Jahr ist Roitner weniger optimistisch, zumal durch das Aus der Roaming-Gebühren ab Mitte Juni die heimischen Mobilfunker beträchtliche Einnahmen verlieren werden. Zum Teil gab es jedoch bereits "Tarifanpassungen" im Inland, die diese Ausfälle kompensieren sollen.
5G-Ausbau stockt
Durch die aktuellen politischen Turbulenzen fürchten die Mobilfunker einen Stillstand beim Netzausbau. Für 2018 sollten eigentlich die ersten Frequenzen für die fünfte Mobilfunkgeneration (5G) versteigert werden und die ersten Pilotprojekte anlaufen. Die dafür nötigen Rahmenbedingungen müssten durch eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) festgelegt werden, doch die geplante Umsetzung bis November scheint nun obsolet. "Es besteht eine große Gefahr, dass der 5G-Ausbau ins Stocken gerät", meint FMK-Präsident Rüdiger Köster.
Für 5G sind zwar keine neuen, großen Handy-Masten erforderlich, dafür jede Menge Klein- und Kleinstzellen, die etwa auf Straßenlaternen, Ampelanlagen oder Werbetafeln montiert werdenkönnen. Die Verfahren, mit denen solche Einrichtungen bewilligt werden, müssten von der Politik und den Behörden beschleunigt werden, fordert Köster. Öffentliche Standorte müsste ferner mietfrei bleiben, so der Wunsch der Mobilfunker. Die aktuellen Mietkosten würden sich derzeit auf 100 Millionen Euro pro Jahr belaufen und seien eine "große Belastung" für die Branche. Köster rechnet damit, dass sich durch einen flächendeckenden 5G-Ausbau die Anzahl an Mobilfunk-Standorten (Zellen) in Österreich verzehnfachen könnte. Ein dichteres Netz sei nötig, um Anwendungen im Bereich "Internet der Dinge" oder das autonome Fahren entlang von Autobahnen zu ermöglichen.