Wirtschaft

Mit geballter Konsumenten-Energie

Das Interesse an der ersten österreichischen Einkaufsgemeinschaft für Strom und Gas ist größer als erwartet. Mit 100.000 Anmeldungen hat Franz Floss, Geschäftsführer des Vereins für Konsumenteninformation (VKI), gerechnet. Bisher haben mehr als 165.000 auf der Website www.energiekosten-stopp.at ihr Interesse bekundet. Bis zum Ende der Anmeldefrist am Montag werden es wohl 170.000 sein.

Erfolg in der Ostregion

„Ein toller Erfolg“, freut sich Floss über das große Interesse. Mehr als 50 Prozent der Anmeldungen kommen aus Wien und Niederösterreich. Fast 70 Prozent der Angemeldeten haben bisher noch nie den Anbieter gewechselt. Durch den Wechsel des Energielieferanten ist eine jährliche Kostenreduktion von rund 400 Euro für Strom und Gas möglich.

Am Dienstag beginnt das Bestbieterverfahren der Einkaufsgemeinschaft. Der Energielieferant mit den billigsten Tarifen bekommt den Zuschlag. Danach werden alle verständigt, die sich angemeldet haben und entscheiden, ob sie das Angebot annehmen. Es kann daher nicht zu Mehrkosten kommen.

85.000 könnten wechseln

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Laut E-Control-Vorstand Martin Graf ist es durchaus realistisch anzunehmen, dass rund 50 Prozent der Angemeldeten zum Billigstbieter wechseln. Das wären 85.000 Haushalte. Im Jahr 2012 haben lediglich 64.684 Haushalte den Stromlieferanten gewechselt. Beim Gas waren es sogar nur 23.434. Die E-Control werde jedenfalls „großes Augenmerk darauf legen“, dass der Anbieterwechsel ohne Probleme möglich ist, verspricht Graf.

Die E-Control begrüßt die Einkaufsgemeinschaft, weil dadurch Bewegung in den statischen Energie-Markt für Haushaltskunden kommt. E-Control und Wirtschaftsministerium versuchen die Haushalte seit Jahren dazu zu bewegen, zu einem billigeren Anbieter zu wechseln. Bislang mit wenig Erfolg.

Die Haushalte sind für die Energielieferanten interessant, weil mit ihnen am meisten zu verdienen ist, erläutert Graf die Marktlage. Die Großhandelspreise für die Industrie sind derzeit nämlich im Keller. Das Bestbieterverfahren ist für alle interessant, die wie der Verbund mehr Haushaltskunden gewinnen wollen.

Angst vor Einnahmenverlust

Allerdings gibt es auch Kritik. Jene Energielieferanten, die möglicherweise in Ostösterreich Haushaltskunden an die Konkurrenz verlieren werden, sind über die Einkaufsgemeinschaft ganz und gar nicht erfreut. Es gab bereits Beschwerden beim VKI.

Der Verbund, Österreichs größter Stromerzeuger, ist künftig Alleineigentümer der Wärmekraftgesellschaft ATP (Austrian Thermal Power). Die Energie Steiermark hat ihren 20-Prozent-Anteil an der ATP an den Verbund übertragen, teilte der Stromversorger am Mittwoch mit.

Die ATP ist Eigentümerin des Kohlekraftwerks in Mellach bei Graz sowie des dortigen Gaskraftwerks und des Steinkohle-Kraftwerks in Dürnrohr bei Wien. Mellach bereitet dem Verbund seit Langem Kopfzerbrechen. Das 800 Megawatt starke Gaskraftwerk produziert auf Sparflamme, da es bei den derzeitigen hohen Gaspreisen nur mit Verlust zu betreiben ist.

Verbund-Chef Wolfgang Anzengruber prüft eine komplette Stilllegung des Kraftwerks, das erst vor wenigen Jahren mit 550 Millionen Euro Investitionskosten errichtet wurde. Eine endgültige Entscheidung darüber ist noch nicht gefallen. Zum Halbjahr 2013 hat der Verbund das Gaskraftwerk Mellach auf 140 Millionen Euro abgeschrieben.

Mit den Problemen beim Gaskraftwerk steht der Verbund nicht allein da. Alle europäischen Erzeuger fahren mit diesen Kraftwerken derzeit enorme Verluste ein.