Wirtschaft

Meister-Aufwertung: Ein Bachelor für alle Fälle

Ohne Titel geht’s halt doch nicht. Laut Regierungsprogramm soll Österreich wieder ein "Land der Meister" werden. Um der politisch lange vernachlässigten Fachkräfte-Ausbildung neuen Schwung zu verleihen, werden ihre Abschlüsse für den Arbeitsmarkt quasi qualitativ aufgewertet. Möglich macht dies der Nationale Qualifikationsrahmen (NQR), der unterschiedlichste Ausbildungen und Kompetenzen auf einer 8-stufigen Skala einordnet, um sie EU-weit vergleichbar zu machen (siehe Grafik). Die Zuordnung berücksichtigt dabei auch die Bedeutung für den Arbeitsmarkt.

Auf Druck der Wirtschaftskammer (WKO) schaffte es im Vorjahr der HTL-Ingenieur auf dieselbe Stufe 6 wie der akademische Bachelor. Noch heuer soll auch der Meister und weitere berufliche Befähigungsprüfungen dem Bachelor ebenbürtig werden. Der Baumeister soll sogar auf Stufe 7 beim Master landen. Noch ist nichts fix, die neue Regierung unterstützt aber die Wirtschaft und will berufliche Abschlüsse auch finanziell stärker fördern.

Peter Zeitler von der Abteilung Bildungspolitik in der WKO hält eine rasche Einstufung für wichtig. Immerhin zwei Drittel der Meister seien angestellt, die internationale Vergleichbarkeit der Ausbildung daher wichtig. In Deutschland erfolgte die Aufwertung schon vor Jahren, hier kann mit vielen Meister- und Befähigungsprüfungen auch die Hochschulreife erworben werden. Von einer derartigen Durchlässigkeit ist man in Österreich noch weit entfernt. Im Gegenteil. Der Qualifizierungseifer der Wirtschaftskammer löst an den Unis zunehmend Unmut aus. Meister und Master in einen Topf zu werfen stößt der Academia sauer auf. Die geforderte Durchlässigkeit der Bildung dürfe nicht zur willkürlichen Vermischung führen, heißt es.

Studium bleibt Studium

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So ist der Ingenieur – und künftig wohl auch der Meister – im NQR zwar auf demselben Niveau wie der Bachelor, eine Berechtigung zum Master-Studium ist damit aber ebensowenig verbunden wie das Führen des akademischen Titels Bachelor. "Auch wenn ein Tischler den schönsten Tisch macht, reicht das eben noch lange nicht für ein Masterstudium aus", stellt Elisabeth Fiorioli, Generalsekretärin der Österreichischen Universitätenkonferenz, klar. Die Qualifizierung sei streng von der Berechtigungslogik zu trennen. "Die beruflichen Qualifikationen müssen wertgeschätzt werden, keine Frage, aber es darf nicht soweit gehen, sie mit einem akademischen Studium gleichzusetzen." Tatsächlich muss der Ingenieur bei seiner Ingenieursprüfung nur 45 Minuten vor anderen Ingenieuren über seine Arbeit sprechen, für den Bachelor an der Uni gilt es aber ein dreijähriges wissenschaftliches Studium samt diverser Prüfungen zu absolvieren. "Das ist nicht dasselbe."

Berufsakademien

Schon länger ein Dorn im Auge sind den Universitäten die kammereigenen Berufsakademien des Wifi, für deren Besuch ein Lehrabschluss ausreicht, die jedoch mit dem Titel "Master of Science" abschließen. Ein akademischer Master-Abschluss nach Bologna-Kriterien ist das zwar nicht, ein wohlklingender Titel, der viel Kundschaft anlockt, aber allemal. "Wir weisen unsere Schüler sehr wohl auf den Unterschied hin", sagt Zeitler. Die WKO kämpft darum, auch zahlreiche nicht-formalen Qualifikationen (keine gesetzliche Grundlage, Anm.) in der Erwachsenenbildung in den NQR zu bekommen. Profiteur dieser Aufwertung wäre vor allem das Wifi selbst.

Fiorioli vermisst auch den Eifer der Wirtschaftskammer, wenn es um die Durchlässigkeit "in die andere Richtung" geht, also Studienabbrecher leichter ihren Lehrabschluss nachholen oder in einem Gewerbe Fuß fassen können. Zeitler sieht hier ebenfalls Nachholbedarf, betont aber zugleich die Wichtigkeit der fachlichen Eignung, die bei einer theoretischen Ausbildung eben fehle.

In Österreich gibt es jährlich ca. 43.000 Abschlüsse an den Unis und Fachhochschulen. Dazu kommen 240.000 Kurse in der Erwachsenenbildung und mehr als 200 Lehrberufe. Der Nationale Qualifikationsrahmen (NQR) soll mehr Transparenz und Vergleichbarkeit in den Bildungsdschungel bringen und erworbene Qualifikationen auf nationaler und europäischer Ebene vergleichbar machen. Basis dafür ist ein EU-weit vergleichbarer Rahmen, der acht Niveaustufen und gemeinsame Prinzipien für die Beschreibung und Klassifikation definiert. Die Zuordnung erfolgt nach einem mehrstufigen Verfahren in verschiedenen Gremien. Berücksichtigt wird nicht nur die Perspektive des Bildungssystems, sondern auch die Bedeutung für den Arbeitsmarkt. So sind etwa Lehre, Meisterprüfung, HTL oder Wifi-Abschlüsse Österreich-Spezifika. Andere Länder bieten hingegen mehr Ausbildungen an Hochschulen an.