Wirtschaft

Mehr Insolvenzen, aber Banken robust aufgestellt

Die Banken müssen sich darauf vorbereiten, dass Stützungsmaßnahmen von Regierung und Aufsicht - auch die in der Coronakrise forcierten Kreditmoratorien - auslaufen. Dann steigt der Druck auf Kreditkunden. Auch die Nationalbank erwartet 2021 zunehmende Insolvenzen, was die Kreditqualität in den Bankbilanzen merklich verschlechtern werde. Die Geldhäuser begannen bereits, mehr Geld für Risikokredite zurückzulegen, was im ersten Halbjahr 2020 schon Gewinne einbrechen ließ.

"Die österrichischen Banken sind sehr gut vorbereitet. Sie sind mit einem niedrigeren Anteil an notleidenden Krediten und einer doppelt so hohen Eigenkapital-Ausstattung wie vor der Finanzkrise 2008 in die Corona-Krise gegangen", sagte OeNB-Gouverneur Robert Holzmann am Mittwoch bei der Präsentation des Finanzmarktstabiltitätsberichtes.

Im Gegensatz zur Finanzkrise seien die Banken diesmal "nicht ein Teil des Problems, sondern ein Teil der Lösung", betonte Vize-Gouverneur Gottfried Haber.

Die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie führten im ersten Halbjahr 2020 zu einem massiven Rückgang der Wirtschaftstätigkeit im Land. Nach einer kräftigen Erholung im dritten Quartal kam der konjunkturelle Aufholprozess zum Erliegen. Der zweite Lockdown im November wird - so rechnet die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) - voraussichtlich einen neuerlichen, wenngleich im Vergleich zum Frühjahr 2020 geringeren Wirtschaftseinbruch bewirken.

Firmenpleiten

Die umfangreichen Unterstützungsmaßnahmen federten die Auswirkungen der Pandemie auf die Realwirtschaft ab. Die Firmeninsolvenzen entwickelten sich im zweiten und dritten Quartal sogar rückläufig, wenngleich dies auch aufgrund der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht bei Überschuldung der Fall gewesen sei.

Auf Sicht werde der Verschuldungsgrad der Unternehmen steigen, gleichzeitig würden sinkende Unternehmensgewinne als Folge des Wirtschaftsabschwungs die Mittel verringern, die für den Schuldendienst zur Verfügung stehen, und überdies den Eigenkapitalaufbau belasten. Ein von der OeNB entwickeltes Modell zur Abschätzung der zu erwartenden Unternehmensinsolvenzen zeige, dass die umfangreichen Hilfsmaßnahmen die Anzahl der Insolvenzen im heurigen Jahr um rund zwei Drittel reduzierten.

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In den nächsten beiden Jahren allerdings wird die Krise die Zahl der Unternehmenspleiten erhöhen. In einem Worst-Case-Szenario-Szentario rechnet die OeNB unter der Annahme weiterer Hilfsmaßnahmen mit einer Insolvenzquote von 7,1 Prozent und für 2022 mit 9,7 Prozent. Zum Vergleich: In den Jahren 2017 bis 2019 musste knapp ein Prozent aller Unternehmen eine Insolvenz anmelden, das sind knapp 56.000 Firmen.

Das Negativ-Seznario sei aus heutiger Sicht aber nicht realistisch, weil zu püessimitstisch. Es war die Grundlage für einen Stresstest der Banken, "um herauszufinden, ob sie auch so eine dramtische Entwicklung überstehen könnten. Die Antwort war Ja", erklärt Doris Ritzberger-Grünwald, Leiterin der volkswirtschaftlichen Abteilung.

Realistisch sei aus heutiger Sicht das Basis-Szenario. Mit Hilfsmaßnahmen wird für 2020 mit einer Insolvenzquote von 2 Prozent kalkuliert, die sich bis Ende 2022 auf 6,7 Prozent summieren dürfte.

Kreditstundungen

Mit Stand vom Oktober medleten die heimischen Banken bei Krwediten mit staatlicher Garantie 20.000 Stundungen mit einem Gesamtvolumen von 6,4 Milliarden Euro. Dazu kommen 72.000 Stundungen auf der Basis von gesetzlichen Moratorien und 27.600 freiwillige Moratorien. In Summe ist ein Kreditvolumen von kanpp 16 Milliarden Euro betroffen.

Für die Unternehmen seien Kreditgarantien langfristig die effektivste Hilfsmaßnahme, gefolgt von Fixkostenzuschuss und Kurzarbeit, konstatieren die Noenbanker. Stunden von Sozialversicherungsbeiträgen, die Anfang Jänner 2021 auslaufen, könnten nur temportär helfen.

Neben den schon seit längerem bestehenden massiven Herausforderungen aufgrund des Niedrigzinsumfelds belasten nun auch höhere Wertberichtigungen die Profitabilität des österreichischen Bankensektors. In dem Umfeld empfahl die Notenbank der heimischen Kreditwirtschaft, in Anbetracht weiter steigender Kreditrisiken und erhöhter Unsicherheit das Augenmerk auf eine solide Kapitalbasis zu legen, das heiße auch in Übereinstimmung mit europäischen Empfehlungen Abstand von Aktienrückkäufen zu nehmen und Gewinnausschüttungen sorgfältig abzuwägen, sich auf das Auslaufen von Zahlungsmoratorien und staatlichen Garantien für Kredite vorzubereiten und die operative Effizienz weiter zu steigern.

Österreichs Banken profitabler

Trotz des Gewinneinbruchs zum Halbjahr 2020 sind die heimischen Banken im EU-Vergleich ertragreicher. Grund dafür sind Effizienzsteigerungen und Digitalisierungen, erklärt Ritzbergher-Grünwald. Seit Jänner 2020 wurde die Zahl der Filialen österreichweit von 5115 auf 4ß09 Außenstellen reduziert, die Zahl der Gemeinden ohne Bank hat sich in diesem Zeitraum auf 550 Kommunen verdoppelt. Trotzdem sei die Versorgung für den Großteil der Bevölkerung gut.