Mehr als 400.000 Menschen suchen einen Arbeitsplatz
Von Simone Hoepke
Die Zahl jener, die einen Job suchen, nimmt weiter zu – speziell in Wien und im Burgenland. Im Oktober waren österreichweit schon mehr als 410.000 Menschen arbeitslos gemeldet oder in Schulungen des AMS, wobei letztere im Vorjahr aus Kostengründen zurückgefahren wurden. Das spiegelt sich nun in den Zahlen wider: Im Oktober saßen 71.400 Jobsuchende in Weiterbildungsmaßnahmen des AMS – das sind um rund zehn Prozent weniger als noch vor einem Jahr.
AMS-Chef Johannes Kopf sieht trotz der aktuellen Zahlen eine leichte Aufhellung am Konjunktur. Vor allem im Westen ist die Welt am Arbeitsmarkt einigermaßen in Ordnung. In Tirol ist die Zahl der Arbeitslosen binnen Jahresfrist nicht mehr gestiegen, in Vorarlberg nur um 1,3 Prozent. Zudem liest Kopf aus der Entwicklung der offenen Stellen eine zumindest leichte Entwarnung am Arbeitsmarkt ab. In dieselbe Kerbe schlägt Sozialminister Rudolf Hundstorfer. „Insgesamt konnten in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres bereits 504.000 arbeitslose Personen wieder in eine neue Stelle vermittelt werden“, macht er „erste Anzeichen der Entspannung“ aus.
Vor allem ältere Arbeitnehmer spüren davon wenig. Während die Arbeitslosigkeit in der Gruppe der 15- bis 24-Jährigen zumindest nicht weiter steigt, legte sie bei den über 50-Jährigen einmal mehr zu – im Oktober um 14,5 Prozent.
Akademiker auf Suche
Menschen, die maximal einen Pflichtschulabschluss haben, haben es nach wie vor am schwierigsten, einen Job zu bekommen. Gleichzeitig finden aber auch Akademiker immer schwerer eine Stelle (+18,3 Prozent). Eines haben alle gemeinsam: Bis ein neuer Arbeitgeber gefunden wird, vergeht immer mehr Zeit. Im Schnitt dauerte die Jobsuche zuletzt 126 Tage und damit um 19 Tage länger als noch im Oktober 2014.
Die immer höheren Zahlen von arbeitslosen Älteren und Ausländern sei auf den starken Zuzug und die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen, argumentiert Kopf. Im Oktober suchten 6700 Asylberechtigte mehr einen Job als ein Jahr zuvor.
Im Branchenvergleich entwickeln sich das Gesundheits- und Sozialwesen besonders schlecht, im Handel suchten um 4500 mehr Menschen einen Job als noch im Jahr zuvor. Über die Gründe dafür sind sich Experten unschlüssig. Es gebe eine höhere Fluktuation, lautet eine Erklärung. Auch in der Sparte Tourismus setzte der Oktober als Jobmotor aus, was sich mit einem guten Winterstart aber schnell wieder ändern kann.
Abgerutscht
Fix ist, Österreich ist mit seinen Arbeitsmarktdaten längst nicht mehr im europäischen Spitzenfeld. Derzeit wird das Ranking von Deutschland und Tschechien angeführt, Österreich steht erst an fünfter Stelle.
Die Altersarbeitslosigkeit steigt seit Monaten fast doppelt so stark wie die allgemeine. Regierung und Sozialpartnern ist das völlig egal. Anders ist nicht zu erklären, warum sie beim jüngsten Arbeitsmarktgipfel Maßnahmen beschlossen haben, die erstens erst 2018 (!) in Kraft treten und zweitens völlig unwirksam sind. Das Bonus-Malus-System hat weder Bonus noch Malus.
Die "Belohnung" von 0,1 Prozentpunkte (4,4 statt 4,5) beim Dienstgeberbeitrag zum FLAF ist zu gering, um wahrgenommen zu werden. Für über 60-Jährige fällt ohnehin kein Beitrag mehr an. Und: Kein Arbeitgeber schreckt wegen lächerlicher 236 Euro "Auflösungsabgabe" vor einer Kündigung zurück. - Anita Staudacher