Wirtschaft

Pharmabranche schluckt "Zwangsrabatt" freiwillig

Die Drohung mit dem Zwangsrabatt-Gesetz hat offenbar gewirkt: Am Mittwoch einigten sich der Hauptverband der Sozialversicherungsträger und die Pharmaindustrie doch noch auf eine Verlängerung des heuer auslaufenden Rahmenvertrages zur Begrenzung der Medikamentenkosten. Sieben Monate wurde zuvor vergeblich verhandelt.

Die erzielte Vereinbarung sieht für 2016 einen Rabatt der Pharmawirtschaft in Höhe von 125 Millionen Euro vor – das ist exakt jener Betrag, der auch im Gesetzesentwurf als "Zwangsrabatt" verordnet werden sollte. Robin Rumler, Präsident des Verbandes der pharmazeutischen Industrie (Pharmig), spricht lieber von einem "Solidarbeitrag". "Ich freue mich über die Einigung, die wir doch noch erzielt haben", sagt Rumler zum KURIER. Es sei immer besser, einen Vertrag gemeinsam ausverhandelt zu haben, als per Gesetz zu etwas gezwungen zu werden.

Der neue Rahmenvertrag garantiere, dass innovative Medikamente den Patienten auch weiterhin so rasch wie möglich zur Verfügung stehen. Rumler zeigt sich zuversichtlich, dass alle 120 Pharmafirmen den Vertrag unterzeichnen werden.

Gestaffelte Rabatte

Für die Jahre 2017 und 2018 hängen die Rabatte vom Anstieg der Medikamentenpreise ab. Pro begonnenem Prozentpunkt an Kostensteigerung soll die Branche zehn Millionen Euro abliefern. Der "Solidarbeitrag" ist jedoch mit 80 Millionen Euro gedeckelt, während der gesetzliche Zwangsrabatt hier 125 Millionen ausgemacht hätte. Hauptverbands-Chef Josef Probst gibt zu, dass ein gesetzlicher Zwangsrabatt "rein ziffernmäßig" mehr Geld gebracht hätte, aber dafür konnte mit der Pharmaindustrie ein Gesamtpaket geschnürt werden. So soll eine gemeinsame Arbeitsgruppe den nicht mehr zeitgemäßen Rechtsrahmen für die Aufnahme der Medikamente in den Erstattungskodex anpassen.

Um nicht jedes Jahr – so wie heuer – über das wahre Ausmaß der Kostensteigerungen zu zanken, habe man die Berechnungsmethode außer Streit gestellt, erläutert Probst. Ziel sei es, dass die Medikamentenkosten pro Jahr nicht mehr als drei Prozent steigen.

Teure Medikamente

Uneinigkeit herrscht darüber, wie künftig mit extrem teuren Medikamenten mit einem Packungspreis über 700 Euro (z. B. Hepatitis C, seltene Erkrankungen) umgegangen werden soll. Es sind zwar nur 0,4 Prozent aller Medikamente, aber 25 Prozent aller Kosten. Probst hält die Preise einzelner Präparate für "völlig unangemessen" und will die Hersteller nötigenfalls sehr wohl mit rechtlichen Schritten zu Rabatten zwingen. Hier müsste es aber auch auf europäischer Ebene eine Lösung geben. Rumler spricht von nur einigen "speziellen Fällen", über die einzeln verhandelt werden sollte.

Die von der Pharmig kürzlich als rechtswidrig eingestufte Gesetzesvorlage zum Zwangsrabatt liegt vorläufig auf Eis. Das Gesundheitsministerium könne sie jederzeit wieder aufwärmen, betont Probst.