Wirtschaft

"Made in Wels": Die Stadt der Exportkaiser

Wer an Wels denkt, denkt an die Welser Messe. Und dann? Die wenigsten wissen, dass Wels eine der stärksten Wirtschaftsregionen Österreichs mit der größten Dichte an global agierenden Unternehmen aus unterschiedlichsten Branchen ist. Europas zweitgrößte Möbelgruppe XXXLutz hat hier ebenso ihren Firmensitz wie Intersport Österreich, der Motorradhersteller KTM Industries, die Trodat-Trotec-Gruppe, der Baukonzern Gerstl, der Lackhersteller Tiger Coatings, Seilspezialist Teufelberger oder der Hebetechnik-Konzern Felbermayr.

Die Aufzählung ist höchst unvollständig, schließlich zählt das Firmenbuch stolze 5700 Betriebe im Welser Stadtgebiet. Was aber macht Wels als Standort so attraktiv? Der KURIER begab sich auf Spurensuche und besuchte auf Einladung des Wirtschaftsservice Wels vier unterschiedliche und doch irgendwie ähnliche Familienbetriebe.

Fronius

Nur einen Steinwurf vom Bahnhof entfernt befindet sich das Vertriebs- und Marketinggebäude des internationalen Schweißtechnik-Spezialisten Fronius. Ein Altbau wurde dafür neu adaptiert und mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet. Praktisch, denn das 1945 gegründete Familienunternehmen setzt große Hoffnung auf sein wachsendes Geschäftsfeld "Solar Energy". Intelligente Wechselrichter und Speichersysteme für die Photovoltaikbranche sollen die Energie besser nutzbar machen.

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Firmenchefin Elisabeth Engelbrechtsmüller-Strauß, die Enkelin des Gründers, will den 17.000 Quadratmeter großen Standort ausbauen. "Wir werden wachsen und wollen investieren – aus eigener Kraft." Von den 3700 Mitarbeitern arbeiten 2000 in Oberösterreich. Die Mitarbeiter-Rekrutierung sei in Wels einfacher als in Wien, erzählt die Fronius-Chefin.

Daxner

Ebenfalls mitten in Wels hat der Anlagenbauer Daxner nicht nur sein Büro, sondern auch die Fertigung. Das Unternehmen produziert unter anderem Siloanlagen für Großbäckereien oder Chipsfabriken sowie Milchpulver-, Gewürz- oder Backmittelmischanlagen. Rund 70 Prozent der Produktion geht in den Export, zu den Kunden zählen Nestlé, Agrana, Mars oder Manner – und der Welser Nachbar Resch & Frisch.

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110 der weltweit 200 Mitarbeiter arbeiten vor Ort. "Wir platzen hier am Standort aus allen Nähten und bauen daher ein neues Bürogebäude", erzählt Christian Daxner, der mit Vater und Gründer Johann die Firma leitet. 1,5 Mio. Euro werden dafür ausgegeben, Proteste eines Anrainers konnten gütlich beigelegt werden. "Wir haben ja keine rauchenden Schlote und machen auch keinen Lärm", meint Daxner.

Resch & Frisch

Gleich mehrere Gebäude in Wels gehören zur Großbäckerei Resch & Frisch, Einheimische sprechen schon von der "Resch City". Das 1924 gegründete Unternehmen entwickelte sich von einer kleinen Vorstadtbäckerei zu einem internationalen Player im Backwarengeschäft. Josef Resch, Unternehmer aus echtem Schrot und Korn und lokaler Wirtschaftskammer-Obmann, beschäftigt rund 1000 seiner 1500 Mitarbeiter in Wels und kooperiert mit 350 heimischen Getreidebauern als Vertragspartner. "Ich bin ein Insourcing-Unternehmen, ich lagere nicht gerne aus", betont Resch und zeigt stolz, dass er in Wels nicht nur 800 verschiedene Gebäcksorten – hoch automatisiert – herstellt, sondern auch die Brotbacköfen repariert und den riesigen Fuhrpark in Schuss hält. Die rund 500 Kleintransporter liefern das tiefgefrorene Gebäck an rund 200.000 Haushalte in Österreich und Deutschland (mit Partner DPD). "Im Heimbereich verdienen wir das meiste Geld", erzählt Resch. Schon 30 Prozent des Umsatzes entfallen auf den Privatbereich, wichtigster Geschäftsbereich ist die Gastronomie. Auch eigene Filialen gibt es mittlerweile.

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"Hier in Wels sind wir am Produktionslimit, aber leider können wir nicht mehr erweitern", erzählt Resch. Weil benachbarte Bauern ihre Grundstücke nicht hergeben wollen, setzt Resch seine Expansionspläne im nahegelegenen Gunskirchen um. Um 80 Mio. Euro wird das ehemalige Schausberger-Werk aus dem Besitz der Firma Mayr-Melnhof zum Produktionsstandort mit 36.000 Betriebsgebäude umgebaut.

Rübig

Aus der klassischen Schmiedetechnik entwickelte sich das Metallbau-Unternehmen Rübig, ein führender Anbieter für die Oberflächen(wärme)behandlung bzw. -beschichtung von Stahlkomponenten für die Automobil- oder Luftfahrtindustrie. Zu den Kunden zählen etwa BMW (Zylinderköpfe) oder Pankl Racing. Die Anlagen zur Oberflächenbehandlung werden gleich selbst hergestellt und ebenfalls weltweit verkauft. Die Hälfte des Umsatzes geht in den Export. Rübig beschäftigt 400 Mitarbeiter an fünf Standorten in Wels und baut weiter aus. Firmenchef Günter Rübig lobt die sehr moderne HTL und Kooperationen mit der Fachhochschule Wels – "die forschungsstärkste FH in ganz Österreich".

Bei allem Lob gibt es aber auch Kritik am Standort. Die Absiedelung vieler Händler in die Einkaufszentren an der Peripherie habe das Zentrum in den vergangenen Jahren zunehmend veröden lassen, in der Stadt sei nichts mehr los. Gleichzeitig mangle es an neuen Grundstücken. Die neu gegründete Wirtschaftsservice Wels versucht gegenzusteuern (siehe Artikel unten).

Ein hausgemachtes Problem, das viele Städte in Österreich haben: Seit riesige Einkaufszentren am Stadtrand die kauffreudige Klientel an die Peripherie locken, ist im Ortszentren nicht mehr viel los. Viele Geschäfte wanderten aus der Stadt ab, in Wels stieg die Leerstandsquote auf über zehn Prozent. Gastronomie und Hotellerie klagten über flaue Geschäfte außerhalb der Messesaison.

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Kehrtwende

Seit Anfang 2016 versucht die Stadt die Kehrtwende. Neue Zentren an der Peripherie werden nicht mehr genehmigt, Leerflächen aktiv und zu guten Konditionen angepriesen, Plätze neugestaltet, City-Veranstaltungen kreiert. Für interessierte Betriebe gibt es mit dem „Wirtschaftsservice Wels“ (WSW) eine zentrale Anlaufstelle, die sämtliche Aktivitäten – vom Standortmarketing, über die Bereitstellung von Flächen und Immobilien bis zur Unternehmensgründung – bündelt.

Das aktive Leerflächenmanagement brachte bereits erste Erfolge: Handelsfilialisten wie Unimarkt, Hunkemöller, Ernstings Family oder Gössl, aber auch Newcomer sperrten wieder in der Innenstadt auf. WSW-Projektleiter Heinz Jellmair spricht von einer „Trendwende“. Mit einem Vermietungsgrad von 96,4 Prozent rückte die City von Wels innerhalb eines Jahres wieder zu den Top-Handelsstädten in Österreich auf. „Durch die Aktivitäten des Wirtschaftsservice konnten im Vorjahr 910 neue Arbeitsplätze geschaffen werden“, so Jellmair.

Mehr Tourismus

Auch der Tourismusverband ist aktiv und versucht Wels als „Rennrad-Region“ samt Pauschal-Paketen zu vermarkten. Anfang Juli ist Wels Ziel der Österreich-Radrundfahrt. Mit acht City-Hotels, die an einem Strang ziehen, ist die Stadt gut aufgestellt. Sechs der acht privat geführten Hotels haben den Generationswechsel erfolgreich vollzogen. So auch im zentralen Vier-Sterne-Hotel Ploberger, wo die beiden Brüder Michael und Markus mitten in den Ausbauplänen stecken. Um 3,6 Mio. Euro werden zwei Drittel des Hotels gerade umgekrempelt. Die Brüder Ploberger hoffen auf eine Belebung des Ortskerns, „damit sich auch abseits der Messen hier wieder mehr tut“.