Wirtschaft

Leichtfried gegen Diesel-Fahrverbote in Österreich

Anlässlich des Dieselgipfels in Deutschland hat sich Österreichs Verkehrsminister Jörg Leichtfried (SPÖ) am Mittwoch für eine Bereinigung der durch den Abgasskandal entstandenen Schäden, aber gegen ein Verbot des Dieselantriebs ausgesprochen. Ähnlich sieht das die FPÖ, während die Grünen erneut ein Aus für Neuzulassungen von Verbrennungsmotoren ab 2030 verlangten.

Leichtfried verwies in einer schriftlichen Stellungnahme auf die Schäden für Klima und Umwelt durch die Abgasmanipulationen bei Diesel-PKW. Die Automobilkonzerne müssten dies bereinigen, und zwar kundenorientiert und nicht auf Kosten der Konsumenten. Wie im SPÖ-Wahlprogramm verankert, will Leichtfried künftig auch Gruppenklagen ermöglichen, damit Geschädigte ihre Rechte gegen multinationale Konzerne leichter durchsetzen können.

Neue Diesel-Pkw ab einem bestimmten Stichtag zu verbieten, lehnt der Verkehrsminister ab, wünscht sich aber, dass ab 2030 nur mehr abgasfreie Autos neu angemeldet werden. "Wir setzen auf Anreize, nicht Verbote", betonte er. Letztere träfen meist die falschen, nämlich jene, die sich den Umstieg auf ein abgasfreies Auto noch nicht leisten könnten. Aus dem selben Grund stehe er einem Aus des steuerlichen Dieselprivilegs skeptisch gegenüber.

Ähnlich sieht das die FPÖ. "Ich wäre mit vorschnellen Verboten sehr vorsichtig", sagte Verkehrssprecher Gerhard Deimek zur APA. Auch dürfe man den Pkw nicht "rauspicken", etwa bei den Überlegungen zu regionalen Fahrverboten, denn auch Lkw, Busse der Hausbrand und die Industrie verursachten Stickoxid-Emissionen. Gäbe es 2040 keine neuen Diesel-Pkws mehr, wäre das "herrlich", meinte er. Erreichen könne man dies aber nicht mit Verboten zulasten von Geringverdienern, sondern mit Forschungsförderung für jene Unternehmen, die umweltfreundlichere Alternativen entwickelten.

Grüne wollen österreichischen Dieselgipfel

Die Grünen verlangten hingegen erneut ein Ausstiegskonzept. Ab 2030 sollte es keine Neuzulassung von Verbrennungsmotoren mehr geben, forderte Bundessprecherin Ingrid Felipe im Namen der grünen Umweltreferenten. Dann dauere es ohnehin noch zwölf Jahre, bis die letzten Pkw mit Verbrennungsmotoren verschwänden, denn so lange ist ein durchschnittliches Auto in Österreich auf der Straße.

Zusätzlich wollen die Grünen einen Dieselgipfel auch in Österreich, um Sofortmaßnahmen zum Schutz der Gesundheit festzulegen. Pkw, die die Abgasnormen nicht einhalten können, sollten nicht mehr neu zugelassen werden; für bestehende soll es Nachrüstungen auf Kosten der Hersteller geben. Zusätzlich verlangen die Grünen rechtliche Schritte gegen die Hersteller.

Liste Pilz klagt VW

Peter Kolba, ehemaliger Jurist des Vereins für Konsumenteninformation (VKI) und nunmehr eines von nur vier Mitgliedern der Partei von Peter Pilz, hat bei der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft einen Strafantrag gegen VW eingebracht. Es geht um den Vorwurf manipulierter Abgasmessungen aber auch um die Bildung eines Kartells.

Die Strafanzeige wegen Kartellbildung sei neu, sagte Kolba, der vor Jahren noch beim VKI bereits eine ähnliche Strafanzeige initiiert hatte, die bereits zu Ermittlungen der WKStA geführt hat. Denn damals habe man von dem Kartell noch nichts gewusst. Der Vorwurf, dass sich fünf große Autohersteller über Jahre abgesprochen hätten, ist erst seit kurzem bekannt.

Außerdem habe man mit Unterstützung des Anwalts Michael Poduschka die Anzeige nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz eingebracht, damit das Thema "nicht heimlich vom Tisch gewischt wird", so Kolba, der der WKStA vorwarf, keine Ermittlungen geführt zu haben beziehungsweise erst nach einer VKI-Beschwerde auf Druck der Oberstaatsanwaltschaft aktiv geworden zu sein.

Dem tritt der Sprecher der Oberstaatsanwaltschaft, Michael Klackl, entschieden entgegen. Es habe zwar eine Beschwerde bei der Oberstaatsanwaltschaft gegen die WKStA gegeben. Die Oberstaatsanwaltschaft habe aber keinen Handlungsbedarf gesehen, weil die WKStA bereits alle erforderlichen Ermittlungsschritte gesetzt hatte. "Monate" vor der Beschwerde seien die Ermittlungen aufgenommen worden, nachdem aus Deutschland die angeforderten Informationen übermittelt worden seien.

Betroffenen Konsumenten empfiehlt Poduschka, Ansprüche beim VKI oder bei der von Kolba mitbegründeten Plattform Cobin Claims, bei der Poduschka im Beirat sitzt, geltend zu machen. Nur wer eine Rechtsschutzversicherung habe, sei gut beraten, sich an einen spezialisierten Rechtsanwalt zu wenden. Ansprüche müssten aber bald geltend gemacht werden. Der Verjährungsverzicht der Händler laufe Ende 2017 ab, Ansprüche gegen VW verjähren am 17. September 2018.

Auch der ÖAMTC meldete sich am Mittwoch zu Wort. Er verlangte Nachrüst-Maßnahmen nach deutschem Vorbild auch für österreichische Diesel-Besitzer, eine Ökoprämie-Neu für den Umstieg auf schadstoffärmere Fahrzeuge und die grüne Welle in Städten.

Automobilimporteure wollen Rechtssicherheit

Der Sprecher der österreichischen Automobilimporteure, Günther Kerle, forderte im Vorfeld des Diesel-Gipfels in Deutschland, auch in Österreich wichtige Fragen zum Thema Verbrennungsmotoren ehestmöglich zu klären, um damit Rechts- und Planungssicherheit zu gewähren. Ein österreichischer Diesel-Gipfel, wie es unter anderem die Grünen fordern, ist auf jeden Fall auch im Sinne der Automobilimporteure. In der derzeitigen öffentlichen Diskussion werden Fakten vermischt und dadurch sowohl Industrie als auch Kunden verunsichert. Das ist klar zu verurteilen“, so Kerle.

Grundsätzlich müsse man abwarten, was beim Diesel-Gipfel konkret beschlossen wird. „Für Österreich wären Maßnahmen auf zwei Ebenen der effizienteste Weg. Einerseits halten wir Nachrüstungen, wie sie heute voraussichtlich in Deutschland beschlossen werden, für eine gute Lösung. Andererseits müssen wir den Austausch von Altfahrzeugen gegen emissionsarme Neuwagen forcieren“, so Kerle. Derzeit sind noch rund 1,6 Millionen Pkw, die maximal der Abgasnorm Euro 3 entsprechen, auf Österreichs Straßen unterwegs. Diese älteren Fahrzeuge werden zum großen Teil von Menschen aus finanziell schwächeren Schichten gefahren, die sich den Kauf eines emissionsarmen Neuwagens schwer leisten können. Aus diesem Grund würde ein finanzieller Anreiz in Form einer Ökoprämie NEU, wie es ÖAMTC und Ökosoziales Forum vor kurzem vorgeschlagen haben, am richtigen Hebel ansetzen.