Wirtschaft

Langstrecken-Offensive nach Wien

Austin Cheng, Präsident der taiwanesischen EVA Air, kennt Wien gut. Drei Jahre jobbte der Chef der zur Evergreen-Gruppe (viertgrößter Schifffahrts-Konzern der Welt) gehörenden, aufstrebenden Fluggesellschaft als General Manager in Wien. 1991 startete die Airline nach Österreich, Wien war für EVA Air die erste Langstrecken-Destination in Europa.

Wien ist für uns ein wichtiger Markt und das Tor nach Zentral- und Osteuropa sowie nach Deutschland. Darum bauen wir Wien weiter aus“, begründete Cheng gegenüber dem KURIER beim Treffen aller Star-Alliance-Chefs in Taipeh seine Expansionspläne. Ab 2. September wird EVA Air, die nun in die weltweit größte Airline-Allianz unter Führung der Lufthansa aufgenommen wurde, die Frequenzen nach Wien auf vier Flüge pro Woche aufstocken. Die 1989 gegründete Fluggesellschaft, die sich als Premium-Carrier im Qualitäts-Segment versteht, fliegt WienTaiwan mit Zwischenstopp in Bangkok.

Ab September wird Thai Airways, ebenfalls ein Mitglied der Star Alliance, Wien neu in das Streckennetz aufnehmen. Die AUA hebt bereits einmal täglich nach Bangkok ab, sodass die thailändische Hauptstadt künftig zwei Mal täglich angeflogen wird. Die Konkurrenz der Thai schreckt Cheng nicht: „Wettbewerb ist gut, wir punkten mit unserem Produkt und unserer Qualität.“

Die Mitgliedschaft in der Star Alliance bringt etliche Vorteile. Die Passagiere können jetzt bei Anschlussflügen mit anderen Mitglieds-Airlines bis zum Zielflughafen durchchecken und bei Miles-and-More Flugmeilen sammeln und einlösen. Das riesige Netzwerk bietet täglich mehr als 21.900 Flugverbindungen zu 1328 Zielen in 195 Ländern. Interessant, dass den Taiwanesen beim Allianz-Beitritt die staatliche Fluggesellschaft der Volksrepublik, Air China, hilfreich war.

Zu wenig Langstrecke

2014 könnte ein weiteres Allianz-Mitglied eine Langstrecken-Verbindung nach Wien aufbauen, mit Ethiopian Airlines gibt es erste Gespräche, war in Taipeh zu erfahren.

AUA-Chef Jaan Albrecht versucht gemeinsam mit dem Flughafen „Wien wieder auf die Weltkarte zu bringen“. Jeder neue Langstrecken-Carrier bedeutet für die Lufthansa-Tochter zusätzliche Transfer-Passagiere.

Mit einem Langstrecken-Anteil von derzeit nur 6,6 Prozent rangiert Wien in Europa am unteren Ende. „Zu wenig“, befindet Albrecht, der europäische Durchschnitt liegt bei 15 Prozent. Für die Airlines sind Fernflüge wegen der höheren Erlöse deutlich lukrativer als Kurz- und Mittelstrecken. Hat die AUA, die etliche Ferndestinationen einstellte, auf der Langstrecke überhaupt Chancen? „Ja, wir können noch aufholen“ (Albrecht). 2014 sind Newark (USA), Schanghai und Hongkong am Radar.

AUA-Chef Jaan Albrecht versucht bei der Politik einen neuerlichen Anlauf für die Abschaffung der Ticketsteuer. 58 Prozent der Österreicher sind laut einer GfK-Umfrage im Auftrag der AUA (1000 Interviewte) für die Streichung der 2011 eingeführten Abgabe. Die Steuer bescherte Finanzministerin Fekter im Vorjahr mit 107 Millionen Euro deutlich mehr als die ursprünglich geplanten 90 Millionen Euro.

Nur fünf Prozent der Befragten sprachen sich für die Beibehaltung aus. Die Steuer beträgt derzeit pro Passagier und Kurzstreckenflug sieben Euro, 15 Euro pro Mittelstreckenflug und 35 Euro auf der Langstrecke.

„Diese Steuer schadet dem Standort Österreich und kostet mehr als sie bringt“, urgiert Albrecht. Er rechnet, dass die Abschaffung der Steuer den heimischen Flughäfen pro Jahr 1,1 Millionen zusätzliche Passagiere bringen würde. „Die Effekte daraus würden den Wegfall der Steuereinnahmen mehr als kompensieren.“ Der AUA-Chef beruft sich auf eine Studie des Instituts Oxford Economics, in der die Mehreinnahmen auf 6,5 Millionen Euro taxiert werden.

Bei der Übernahme der AUA durch die Lufthansa habe die heimische Regierung versprochen, „die Rahmenbedingungen nicht zu verschlechtern“, erinnert Albrecht. Ausständig sei obendrein immer noch die damals vom Wirtschaftsministerium zugesagte große Marketing-Initiative.

Weil das Airline-Geschäft schwächelt, sollen ehrgeizige Immobilien- und Hotelprojekte den Flughafen Wien zu mehr Wachstum verhelfen. Die Flughafen-Vorstände Günther Ofner und Julian Jäger wollen den Flughafen längerfristig zur „Airport City“ ausbauen und genügend Platz für Geschäfte, Büros, diverse Dienstleister sowie bis zu drei Großhotels schaffen. Schon konkret sind die Pläne für ein 500-Betten-Hotel im Vier-Sterne-Bereich, das 2016/’17 eröffnen wird. „Vom Terminal wird man ohne Regenschirm direkt in die Hotellobby gehen können“, kündigte Ofner am Freitag im Club der Wirtschaftspublizisten an.

Etwas abseits vom Airport soll ein weiteres Hotel entstehen, auch die Ansiedelung einer 5-Sterne-Luxusherberge wird geprüft. Dem Flughafen gehören rund um den Airport größere Grundstücksflächen, die verstärkt wirtschaftlich genutzt werden sollen, etwa für Betriebsansiedelungen oder einen Logistikpark.

Noch nicht optimal läuft derzeit das Handelsgeschäft im neuen Check-in-3 (Skylink), wo es nach wie vor Leerstände gibt. Die Vorstände hoffen, bis September sämtliche Shoppingflächen vergeben zu haben. Auch eine bessere Anbindung an den alten Flughafenteil sowie eine Ausweitung der Öffnungszeiten soll die Geschäfte ankurbeln und so Mehrumsatz bringen.