Wirtschaft

Kultcafé Aida: "Wir wollen kein Starbucks werden"

Die Wiener Café-Konditorei Aida ist weit über die Grenzen des Landes bekannt. Junior-Chef Dominik Prousek mischt immer stärker im Familienbetrieb mit – zum Wohlgefallen des Vaters.

Was bedeutet die Aida für Sie?

Michael Prousek: Ich bin in der Firma aufgewachsen, sie bedeutet mein Leben. Es ist die Tradition meines Großvaters, die ich an meinen Sohn weitergeben möchte.

Dominik Prousek: Es ist ein Teil unserer Familie. Für mich steht Aida für die beste Qualität zu einem guten Preis. So sind wir erfolgreich geworden. Wir haben den günstigsten Kaffee in der Innenstadt, so sind wir auf 31 Geschäfte in Wien gewachsen.

Was beschäftigt Sie bei Aida derzeit?

Dominik: Wir arbeiten seit Jahren an einem Re-Branding, wir wollen mit der Zeit gehen, aber nicht mit der Tradition brechen. Wir sind 105 Jahre alt und wollen mit Trends mitgehen, gleichzeitig aber unseren Kunden treu bleiben. Das Flair muss erhalten bleiben, wir wollen kein Starbucks werden. Schritt für Schritt gibt es kleine Veränderungen, wie ein Frühstück oder Eissorten, damit haben wir vor ein paar Jahren begonnen.

Michael: Damit haben wir schon vor Jahrzehnten begonnen, aber jetzt erst groß ausgebaut. Für die historischen Zusammenhänge bin ich verantwortlich (lacht). Wir haben in der Besatzungszeit für die Amerikaner Icecream produziert, später auch Donuts.

Dominik: Früher hatten wir fünf oder sechs Eissorten, heute 30. Dazugekommen sind Sorten wie Sachertorteeis, Cremeschnitteneis, Schicht für Schicht sind Torte und Eis gemischt.

Michael: Ich habe vor 15 Jahren nach dem Tod meines Vaters die alleinige Geschäftsführung übernommen, beschäftige mich jetzt vorwiegend mit der Produktion. Mein Sohn bringt Ideen ein und ich greife sie auf. Er ist sehr kreativ, ich versuche das umzusetzen. Ich schaue auf die Qualität, das Ziel ist, dass sie immer gleich bleibt. Wenn man Qualität handwerklich herstellt, muss man darauf schauen, rationell zu sein. Die Zutaten müssen alle Top-Qualität haben.

Dominik: Wir arbeiten immer noch nach den Rezepten des Urgroßvaters.

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Was hat der Sohn vom Vater gelernt, das wichtig für die Unternehmensführung ist?

Dominik: Meinem Vater wurde von seinem Vater alles beigebracht, und er bringt es mir bei. Das ist seit meiner Geburt so. Zum Beispiel den Umgang mit dem Personal, der ist sehr wichtig. Wir haben mehr als 400 Angestellte, mein Vater kennt alle beim Namen, auch die Kinder von ihnen. Michael: Und für sie bin ich noch mit 66 der Herr Michael.

Dominik: Aber auch die Qualität des Services, die wir dem Gast bieten, ist wichtig. Self-Service gibt es bei uns nicht, das werde ich nicht ändern.

Hat der Vater vom Sohn gelernt?

Michael: Die Leichtigkeit, mit der er an Probleme herangeht und wie sie sich dadurch auflösen. Das ist besser, als etwas mit Krampf zu machen. Da habe ich etwas mitgenommen.

Welche Bedeutung hat es für das Unternehmen, in eine Familie eingebettet zu sein?

Dominik: Es gibt Vater, Mutter und mich, das ist ein Familienrat. Das, was am meisten Stimmen bekommt, passiert dann auch, egal, ob es die Produktion oder Mitarbeiter betrifft. Das ist meist keine lange Diskussion.

Michael: Das Herzblut, das ist der Unterschied. Dass wir mit Herz und Seele an dem Unternehmen hängen und eine tiefe Beziehung dazu haben, das ist mit den Jahrzehnten gewachsen. Wir haben Mitarbeiter, die mehr als 40 Jahre dabei sind, für sie ist das Unternehmen ihr Leben.

 

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Wie hat sich die Aida in den vergangenen Jahren verändert?

Dominik: Es ist ein langsamer Wandel, man merkt es nicht so. Wir haben das Branding, die Servietten, Löffel, Tassen neu gestaltet. Wir wollen die Kunden nicht zwangsbeglücken. Der Wandel ist ein langsamer, Schritt für Schritt. Auch das Produkt hat sich geändert, wir haben jetzt zum Beispiel auch Frühstück und Salate. Auch wir müssen neuer, zeitgemäß sein, um jeden etwas bieten zu können. Es wird auch Veganes und Produkte ohne Zucker geben.

Michael: Durch die Erneuerung wollen wir nicht Stammkunden belehren, sondern anderen Käuferschichten die Möglichkeit geben, unsere Kunden zu sein. Zu uns kommt jeder. Es gibt keine Berührungsängste oder gar Dünkel. Bei uns gab es keine 180-Grad-Wendungen, aber kleinere schon. Buttercreme haben wir komplett aus dem Programm genommen, es gibt jetzt leichtere Schlagcreme, die ist lockerer.

Haben Sie sich schon über die Übergabe Gedanken gemacht? Dominik: Das passiert laufend, wir arbeiten immer zusammen. Mein Vater hat mir immer geholfen, ich hoffe, dass das weiterhin so bleibt.

Michael: Solange du mich brauchst, bin ich da für dich. Wir haben ein sehr amikales Verhältnis, es gibt keine strikten Gesetze.

Dominik: Wir sind über die Jahre nicht nur Vater und Sohn, sondern auch Arbeitskollegen geworden. Die Mutter kümmert sich um Personal und Re-Design. Wir machen alles selber, von der Speisekarte bis zum Facebook- und Instagram-Auftritt. Wir sprechen sogar im Urlaub über das Unternehmen.

Sie machen zusammen Urlaub?

Dominik: Ja, sehr gerne, mindestens einmal im Jahr.

Lange haben Sie über Expansion in Österreich gesprochen, nun sind erste Schritte passiert.

Michael: Wir sehen in der Expansion ins Ausland große Chancen, um das Aida-Konzept in anderen Ländern als Wiener Spezialgeschäft herauszubringen.

Dominik: Wir eröffnen zwei Filialen in Innsbruck, eine dritte ist in Verhandlung. Der nächste Schritt könnte München sein, aber auch Salzburg, Graz und Linz sind interessant für uns. Ein Kaffeehaus lebt vom Standort, wir suchen Top-Lagen, wenn Leute uns Vorschläge schicken, sind wir hoch erfreut. Wir haben neulich mit einem Franchise-Unternehmen eine Kooperationsvereinbarung abgeschlossen und werden in Kürze am Flughafen Wien einen Standort eröffnen. Das ist eine tolle internationale Werbung. Wir wollen gemeinsam als Partner weiter international expandieren. Grundsätzlich ist ganz Europa für uns interessant.

Was wird Sie beide in Zukunft beschäftigen?

Dominik: Die gesunde Welle wird größer, wir haben an Produkten gearbeitet und wollen die Wiener Kaffeehauskultur in cooler neuer Art herzeigen, wo die Leute nicht stundenlang sitzen, sondern wo es schnell geht. Eine Konditorei in Kombination mit einer italienischen Espressobar.

Michael: Mein Vater ist mit meiner Mutter in den 50er-Jahren nach Italien gefahren, sie haben öfter Halt an Raststationen gemacht. Da habe sie den schnellen Umschlag mit Kaffee gesehen, das hat ihnen gefallen. Die Wiener Kaffeehauskultur war ihm ein Gräuel, der Ober mit dem Smoking und der Gast, der fünf Gläser Wasser bestellt und 20 Zeitungen liest. Wir hatten 1946 in der Wollzeile die erste Espressomaschine Österreichs, die von einem Burgtheaterschauspieler, der gleichzeitig die Leute unterhalten hat, bedient wurde.

Wieso hat ein Burgtheaterschauspieler bei der Aida gearbeitet?

Michael: Damals war das Theater zerbombt. Für die Bedienung der Hebel-Espressomaschine brauchte man viel Kraft, daher haben wir als Kaffeeköche überwiegend Männer beschäftigt.

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Aida: Aus dem 9. Bezirk in die weite Welt

Torten für die Sowjets 1913 kaufen Rosa und Josef Prousek die Konditorei Bonsaing  im 9. Bezirk in Wien und nennen sie in „Aida“ um. Bis Kriegsbeginn haben sie elf Geschäfte eröffnet. Nach Kriegsende werden lebkuchenartige Schnitten für das AKH und für die Sowjetarmee einige Hundert Torten hergestellt.

Icecream für die Amerikaner Im Herbst 1945 kommen auch die Amerikaner nach Wien, es werden für sie Donuts und „Icecream“ erzeugt. Zur Jahrtausendwende werden 26 Filialen betrieben. 2013 expandiert Aida und eröffnet Filialen in Kroatien, Polen und Saudi-Arabien.