Klimawandel: Neue Gentechnik für den „Green Deal“
Der Klimawandel sorgt für massive Ernteausfälle. Ein Möglichkeit, die Erträge trotz Hitze, Dürre oder sehr hohen Niederschlägen zu verbessern, ist die Züchtung von neuen angepassten Sorten.
In Österreich läuft seit drei Jahren das Projekt „Klimafit“. Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger hat drei Millionen Euro für die Weiterführung zur Verfügung gestellt. Bislang würden 469 neue Zuchtlinien zur Sortenprüfung angemeldet. Es dauert allerdings 10 bis 15 Jahre, bis bei konventioneller Züchtung dann die Zulassung erfolgt.
Gentechnik kann diese Zeitspanne deutlich verkürzen. Mit der Genschere wurde eine neue Methode entwickelt, bei der es nicht mehr möglich ist, die so entstanden en Pflanzen von einer natürlichen Züchtung zu unterscheiden. Doch der Europäische Gerichtshof hat 2018 entschieden, dass auch mit der Genschere kreierte Sorten als Gentechnik gelten und streng reguliert werden müssen.
Neuer Zugang
Mittlerweile hat die EU-Kommission erkannt, dass es ohne Genschere mit dem Green Deal nicht klappen wird. Im April wurde dazu eine Studie präsentiert. „Mit Pflanzen, die gegenüber Krankheiten, Umweltbedingungen und Auswirkungen des Klimawandels widerstandsfähiger sind, kann die neue Gentechnik zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen beitragen. Für diese Erzeugnisse spricht darüber hinaus ein besserer Nährwert, etwa ein gesünderer Fettsäuregehalt, und ein geringerer Bedarf an landwirtschaftlichen Betriebsmitteln, etwa Pestiziden.“ Die bisherigen Regelungen seien „nicht zweckmäßig“ und sollten „an den wissenschaftlichen und technischen Fortschritt angepasst werden“.
Der Obmann von Saatgut Austria, Michael Gohn, drängt daher auf eine „möglichst rasche Rechtssicherheit für die Züchter und Landwirte“. Der Verzicht auf die Genschere „schwächt die österreichischen Züchter im internationalen Wettbewerb“, sagt Gohn.
Es folgten Proteste der Umweltorganisationen und der Grünen. Umweltministerin Leonore Gewessler ist gegen jede Änderung. „Strenge Zulassungsverfahren“ und die „klare Kennzeichnung“ schaffen „Transparenz und Sicherheit“ für die Konsumenten.
Ausnahmen
Von Transparenz kann allerdings keine Rede sein. Eine Kennzeichnung ist nur für Lebensmittel vorgesehen, die aus gentechnisch veränderten Pflanzen hergestellt werden. Gentechnisch veränderte Zusatzstoffe für Lebensmittel sind erlaubt und müssen daher auch nicht deklariert werden. Sie werden immer wieder eingesetzt, etwa bei der Käseproduktion oder für Vitaminzusätze. Bei der Herstellung von Medikamenten ist der Einsatz von Gentechnik erlaubt. Sie wird etwa bei der Produktion von Impfstoffen verwendet. Es gibt keine Deklarationspflicht. Insulin etwa wird nur noch gentechnisch erzeugt. Die beiden Molekularbiologinnen Jennifer Doudna und Emmanuelle Charpentier haben die Genschere entwickelt. Im Vorjahr wurden sie dafür mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet.
Andreas Anzenberger