Zwei Minuten für ein Paket: Ein Zusteller packt aus
Von Theresa Kopper
KURIER: Aktuell rollt eine Paketflut durch Österreich. Wie geht es Ihnen damit?
Semih: Der Druck für Paketzusteller ist aktuell sehr hoch, weil wir einfach viel mehr Pakete ausliefern müssen als beispielsweise in den Sommermonaten. Aktuell sind es zwischen 150 und 200, ich gehe aber davon aus, dass es kurz vor Weihnachten nochmals mehr werden. Ich habe Glück, aktuell arbeite ich bei einer guten Firma, meine Überstunden halten sich in Grenzen. Ich kenne es aber auch anders.
Was meinen Sie damit?
Bei meinem vorherigen Arbeitgeber war es eine Katastrophe mit den Überstunden. Ich hatte enorm viele, die Bezahlung war problematisch. Es wurde immer versprochen, dass wir sie im nächsten Monat bezahlt bekämen. Gekommen ist aber nichts. Erst, als insgesamt 30 Fahrer zur Arbeiterkammer gingen, wurde das Geld für die Überstunden überwiesen.
Wie sah es mit Urlaubs- und Weihnachtsgeld aus?
Ähnlich. Auch Krankenstände sind immer wieder problematisch. Zwar hatte ich dieses Problem noch nicht persönlich. Kollegen aus der Branche, die krankheitsbedingt aber für eine Woche ausfallen, werden oft gekündigt.
Wie sieht die Entlohnung in der Branche grundsätzlich aus?
Bei meinem alten Arbeitgeber wurden wir nach Paketen bezahlt. Dadurch war der Druck natürlich nochmals größer, Pausen zum Essen etwa gar nicht drinnen. Bei meiner jetzigen Firma ist das nicht mehr so, es gibt ein fixes Grundgehalt. Das ist okay.
Wie kann man sich den Arbeitsalltag als Paketzusteller vorstellen?
Es ist stressig. Man bekommt am Vortag den Plan für den nächsten Tag sowie die Uhrzeit, wann die Tour losgeht. Bei mir dauert eine solche zwischen sechs und sieben Stunden, manchmal länger. Nach der jeweiligen Schicht fährt man wieder zurück, Taschen und nicht zugestellte Pakete abliefern.
Wie wird man eigentlich auf den Job vorbereitet? Wie lange wird man eingeschult?
Es gibt einen zweitägigen Online-Kurs, an dessen Ende man eine Online-Prüfung absolviert. Am ersten Arbeitstag bekommt man zudem einen erfahrenen Fahrer zur Seite. Ab dann ist man eigentlich auf sich alleine gestellt.
Ist es ein Job, den man über einen längeren Zeitraum ausüben kann?
Es ist körperlich natürlich schwere Arbeit, deshalb ist es vermutlich kein Job für sehr lange Zeit. Es kommt aber auch auf den Arbeitgeber an. Wenn dieser auf seine Mitarbeiter achtet, sind ein paar Jahre durchaus drinnen.