WU-Forscherin: „Fremdsprachen sind Macht“
KURIER: In welcher Sprache arbeiten Sie?
Miya Komori-Glatz: Meine Forschung ist auf Englisch, ich unterrichte Wirtschaftsenglisch, mit den Kolleginnen und Kollegen ist es gemischt, am Institut spricht aber jeder ausgezeichnetes Englisch.
Immer mehr Unternehmen etablieren Englisch als Arbeitssprache, die Globalisierung treibt das voran. Wie funktioniert so eine Umstellung in der Praxis?
Es beginnt etwa damit, dass Abteilungen, in die eine internationale Mitarbeiterin kommt, langsam beginnen, ihre Sprache umzustellen. Je mehr solcher Mitarbeiter kommen, desto schneller und intensiver wird der Prozess.
Das hört sich sehr aufwendig an.
Ist es auch. Oft kommt der Wunsch nach einer neuen Sprachpolitik aber auch vom Top-Management, dann wird relativ schnell, innerhalb von wenigen Monaten, umgesetzt. Das geht vom Twitter-Feed, bis hin zu einer kompletten Umstellung der täglichen Arbeitssprache. Das ist für viele Mitarbeiter hart. Gerade für Fachkräfte, die bisher nur auf Deutsch gearbeitet haben, ist eine Umstellung anstrengend. Jüngere Arbeitnehmer sind oft aufgeschlossener. Es braucht trotzdem viele Ressourcen, Zeit und Geld, damit das funktioniert – und neben professionellen Kursen manchmal auch materielle Anreize.
In welchen Branchen geht es heute nicht mehr ohne Englisch?
Vor 30 Jahren waren nur große Unternehmen, die expandieren wollten, betroffen. Heute fahren Start-ups oft von Beginn an eine globale Strategie für ein internationales Publikum. Mein Eindruck ist, dass Englisch als Arbeitssprache in sehr vielen Firmen im Kommen ist. Das fängt oft schon beim Bewerbungsgespräch an.
Auf Englisch umzustellen – wo ist der Vorteil?
So hat ein Unternehmen die Chance, die besten Mitarbeiter aus der ganzen Welt zu holen.
Sie haben untersucht, wie sich Englisch als Arbeitssprache auf Teams auswirkt. Spannend: Teams erfinden neue Wörter, um besser zu kommunizieren.
In einer Fremdsprache zu arbeiten, bringt mehr Komplexität mit sich, alles braucht ein bisschen länger, alles muss stärker nachgefragt werden. Es braucht deshalb ein gemeinsames Verständnis von Begriffen. Es hat sich gezeigt, dass hier Insider-Witze, Spitznamen, gemeinsame Codes, auf die man sich untereinander geeinigt hat, die Teams am Ende gestärkt haben.
In einer Fremdsprache zu arbeiten stärkt den Zusammenhalt?
Wenn bewusst damit umgegangen wird, ja.
Sprache ist auch Macht – wer sie spricht, redet mit.
Ja. Studien haben gezeigt, dass man mit mehr Fremdsprachenkenntnissen auch mehr Macht hat. Man hat mehr Zugang zu subtiler Information, kann zwischen den Zeilen lesen. Etwas, das in Teams mit verschiedener Herkunft beklagt wird, ist, dass sich Native Speaker nach vorne drängen und dass sich Nicht-Native-Speaker untereinander besser verstehen. Das kann zu Machtungleichgewicht und Schattenhierarchien führen.
Business entsteht auch durch Beziehungen. Wie wichtig ist hier eine gemeinsame Sprache?
Schon ganz wenige Kenntnisse von der Sprache der Business-Partners leisten einen Beitrag zum Vertrauen. Wenn man als Expat etwa die Landessprache kann, kann man nach dem Meeting in der Küche mitreden. Jene, die nur gut Englisch können, werden am Arbeitsplatz oft ausgeschlossen, weil sie die Landessprache eben nicht sprechen. Studien haben auch gezeigt: Menschen, die mehrere Sprachen sprechen, werden von Business-Partnern als kooperativer empfunden.
Welche Fremdsprache sollte man in den nächsten Jahren lernen?
Für Österreich sind die osteuropäischen Sprachen sehr wichtig. Global sind Chinesisch, Arabisch, Spanisch und Russisch Sprachen der immer größer werdenden Wirtschaftsmächte, auch sie werden wichtiger. Aber jede Fremdsprache bringt Vorteile, wichtig ist, dass man eine beherrscht. Englisch selbst wird zunehmend als Basis-Werkzeug gesehen – wie ein Laptop oder ein Handy.
Zur Person
Miya Komori-Glatz (34) ist WU-Wissenschaftlerin am Institut für Englische Wirtschaftskommunikation und forscht zu Englisch als Arbeitssprache. Die gebürtige Australierin wuchs in China und Schottland auf. Ihr erstes Studium absolvierte sie an der Elite-Uni Cambridge in England, ihr zweites Masterstudium sowie ihr Doktorat schloss sie am Institut für Anglistik der Uni Wien ab. Zuhause fühlt sich die Forscherin in Wien, wo sie seit mittlerweile zwölf Jahren lebt. Seit zehn Jahren arbeitet sie an der WU. Für ihre neue Studie untersuchte sie Studierenden-Gruppen, um ihren Umgang mit Englisch als Arbeitssprache zu dokumentieren.