Wie man sich aus unangenehmen Job-Situationen befreit
Der Kollege reißt mal wieder einen schmutzigen Witz nach dem anderen, die Mitarbeiterin am anderen Ende des Großraumbüros versorgt das Team wie so oft mit intimen Details aus ihrem Beziehungsleben und die Plaudertasche am Schreibtisch gegenüber schwatzt in einer Tour. An konzentriertes Arbeiten ist fast nicht zu denken und am liebsten möchte man jeden einzelnen von ihnen in die Schranken weisen.
Plaudertaschen den Ton abdrehen
Das sollte man auch unbedingt machen und sich gegenüber solchen Kollegen klar abgrenzen, rät Roswitha Hill, Personalberaterin und Mitglied der Geschäftsführung bei HILL Woltron Management Partner: "Ich würde es zuerst auf freundliche Art versuchen und, wenn das nicht hilft, direkt werden." Manchmal wirken deutliche Signale. Warum zum Beispiel nicht dem redefreudigen Kollegen durch das Tragen von Kopfhörern zeigen, dass man ihm jetzt nicht zuhören will oder kann?
Wobei Hill weiß, dass jüngere, weniger selbstbewusste Mitarbeiter eher dazu neigen, etwa unangebrachte Witze über sich ergehen zu lassen. Vieles kommt erst mit der Erfahrung, sagt sie. Und dass auch die Persönlichkeit eine Rolle spielt: Wer heute zurückgezogen ist, wird in zehn Jahren kaum extrovertiert sein. Und ein aufbrausender Mensch wird selten zu jemandem werden, den andere für seine Besonnenheit bewundern. Unabhängig davon, welcher Typ man ist, kann ein Coach aber helfen, Situationen zu entschärfen. Und spätestens dann, wenn die Witze des Kollegen ins Sexistische abdriften, sollte auch die schüchterne Kollegin möglicherweise das Gespräch mit dem Chef suchen. Aber was, wenn ausgerechnet der im Büro raucht? Auch da können Signale wirken, etwa deutliches Husten. Oder die Bitte, für Besprechungen an den eigenen Schreibtisch zu kommen.
Über die Stränge gelästert
In einer ausgelassenen Runde ahmt ein Kollege eine Marotte des Chefs nach, als dieser gerade dazu kommt. Oder: Ein eMail, in dem man intern über eine Kundin gelästert habe, wurde an alle verschickt. So etwas sollte man auf keinen Fall aussitzen, sondern dazu stehen und es im persönlichen Gespräch erklären, sagt die Expertin. Von Vogelstrauß-Politik halte sie gar nichts und mit der Reaktion müsse man dann eben leben. Gerade, wenn es um die digitale Kommunikation geht, empfiehlt sie ohnehin: "Bevor man etwas abschickt, unbedingt kontrollieren, an wen das geht." Und wenn ich diejenige bin, über die gelästert wurde? "Ansprechen! Wer sich das nicht traut, ist leider das perfekte Mobbing-Opfer."
Toilettefehler sind menschlich
Nach dem Essen steckt unübersehbar Spinat zwischen den Zähnen der Chefin. Ein Kollege schleift Klopapier unter seinem Schuh nach, einem anderen steht der Hosenschlitz offen. Eine denkbar peinliche Situation, die man am liebsten ignorieren würde. "Darauf sollte man sofort aufmerksam machen, am besten unter vier Augen", sagt Hill. Wobei – etwa beim Essen – oft schon eine Handbewegung reicht. Und wem der Satz "Ihr Hosenschlitz steht offen" zu unangenehm ist, der kann sich mit "Sie haben einen Toilettefehler" helfen. Richtig schwierig wird es, wenn jemand schlecht riecht. Eventuell versteht das Gegenüber Signale wie ein Deo auf dem Tisch oder das ständig geöffnete Fenster. Funktioniert das nicht, sollte unter Umständen der Vorgesetzte eingreifen.
Vor allen gedemütigt
Der Chef schreit jemanden vor allen Kollegen an, dem Betroffenen steigen die Tränen in die Augen und er will im Erdboden versinken. Daran, Emotionen zu zeigen, findet Hill aber nichts Verwerfliches. Wer als Chef so agiere, müsse außerdem mit dieser Reaktion rechnen. Lag der Fehler beim Mitarbeiter, sollte er sich natürlich entschuldigen, aber auch darum bitten, das künftig persönlich zu klären.