Wirtschaft/Karriere

Warnsignale für eine nahende Kündigung – und was zu tun ist

Warum schreibt der Chef nur mehr eMails, anstatt mit mir persönlich auf einen Kaffee zu gehen? Warum werde ich nicht auf den Verteiler zum nächsten Projekt-Meeting gesetzt? Und wieso wird meine Spesenabrechnung so genau hinterfragt?

Fragen, die sich Arbeitnehmer oft stellen, die kurz davor stehen, ihren Job zu verlieren. Das sagt Walter Reisenzein, Geschäftsführer des Outplacementunternehmens und der Karriereberatung Lee Hecht Harrison / OTM.

Aus jahrelanger Beratungserfahrung kennt er die Warnsignale, die das Ende eines Arbeitsverhältnisses einläuten. Emotional eine schwierige Erkenntnis. „Man wird von Wut, Angst und Rachegefühlen übermannt“, so Reisenzein. Ausgerechnet dieser Zustand soll für Beschäftigte aber eine Chance sein. Wie das?

Es kann ein Weckruf sein

„Man kann sich mit der Frage beschäftigen: Möchte ich diese Art von Job überhaupt? Das ist nichts anderes, als in einer privaten Beziehung: Was sind die Vorteile, was die Nachteile?“ Eine drohende Kündigung könne eine Art Weckruf sein, der in Beschäftigten wieder neue Energien mobilisiert.

Basieren die Gründe für den nahenden Abgang auf einem Fehlverhalten, und möchte man den Job behalten, könnten Beschäftigte das Ende noch abwenden. „Man kann das Gespräch mit dem Chef suchen. Mit guter Reflexion und Vorbereitung kann man sich entschuldigen und gemeinsam Lösungen überlegen. Oder man hat die Möglichkeit, sich zu verteidigen.“ Anders sieht es freilich aus, wenn die Kündigung auf Umstrukturierungen oder Einsparungen basiert.

1,3 Millionen Jobwechsel aufgrund von Kündigungen

Laut einer deutschen Kündigungsstudie ist der durchschnittliche Gekündigte männlich, 42 Jahre alt und nicht länger als vier Jahre im Unternehmen. Dieser Studie nach haben 2018 14 Prozent der Arbeitnehmer eine fristlose, also eine außerordentliche Kündigung, erhalten. In Österreich gibt es jährlich 1,3 Millionen Jobwechsel aufgrund von Kündigungen.

Es ist sehr wichtig, wie man mit dem Arbeitgeber auseinandergeht. Es kann sein, dass man sich nach diesem Job später in einem anderen Setting wieder trifft.

Walter Reisenzein
über Kündigungen

Ist man mit Austrittsanzeichen seitens des Unternehmens konfrontiert, rät Reisenzein, „es nicht einfach passieren zu lassen“ und sich auch als Arbeitnehmer darauf vorzubereiten. Mit Recherche: Welchen Dienst- und Kollektivvertrag habe ich, welche gesetzlichen Voraussetzungen sind in meinem Fall gegeben, was steht mir zu?

„Je früher man das angeht, desto leichter ist es für den Scheidenden. Sonst ist man zu weit fortgeschritten in der Eskalationsstufe, zu aufgewühlt.“ Und bei Kündigungen sei es generell besser, Contenance zu bewahren. „Es ist sehr wichtig, wie man mit dem Arbeitgeber auseinandergeht. Es kann sein, dass man sich nach diesem Job später in einem anderen Setting wieder trifft – als Kunde, Lieferant oder Mitarbeiter.“ Dann sind die Karten neu gemischt.