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Reden in der Gefahrenzone: So führen Sie heikle Gespräche

Ob unter Kollegen, mit der Chefin oder dem Kunden – wir alle müssen irgendwann unangenehme Themen offen ansprechen. Das Problem: Gerade  wenn wir Meinungsverschiedenheiten und Einwände fürchten, verlässt uns oft unser Kommunikationsgeschick. Statt souverän zu bleiben, reagieren wir in harten Auseinandersetzungen unüberlegt, benehmen uns daneben, spielen beleidigte Leberwurst. Warum? „Unsere Emotionen sind nicht für effektives Kommunizieren ausgelegt“,  meint der Kommunikationsprofi Kerry Patterson, der mit Kollegen den Bestseller Heikle Gespräche verfasst hat.  Steigen Ärger oder Angst in uns hoch, aktivieren sie unser „Steinzeitprogramm“:  Statt etwas auszureden, wollen wir dann  eigentlich unsere Fäuste einsetzen oder uns aus dem Staub machen.

Doch der erwachsene Mensch kann lernen, unangenehme Themen zu kommunizieren, meinen die Autoren. „Stimmt“, sagt  Lydia van der Brugge Angerer, Österreich-Direktorin des Franklin Covey Leadership Instituts: „Aber einfach ist es nicht. Und selbst wenn man gut kommunizieren kann, bleiben heikle Gespräche eine Herausforderung.“

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Dem Gegenüber zuhören Die wichtigste Regel der Kommunikationsprofis lautet daher: Aufmerksamkeit – sich selbst und dem anderen gegenüber. „Spricht man schwierige Themen an, sollte man bedenken, dass man sich in eine Gefahrenzone begibt. Sonst steckt man schneller in Spielchen fest, als man denkt“, erklärt Patterson. Ist ein Gespräch einmal auf den Abweg geraten, ist es umso schwieriger, es wieder zum ursprünglichen Thema zurückzuführen. Wichtig ist daher der sensible Einstieg in den Dialog. Die Bombe einfach platzen zu lassen, ist die schlimmste Methode, meint Patterson. Zuerst muss eine respektvolle, angstfreie Umgebung geschaffen werden. Sowohl Zeitpunkt als auch Ort sollten so gewählt werden, dass der Betroffene sich nicht bloßgestellt fühlt. „Entscheidende Gespräche scheitern oft nicht daran, dass der andere den Inhalt der Botschaft nicht hören mag, sondern weil er böse Absicht dahinter vermutet“, weiß der Kommunikationsprofi.
Damit der Adressat angstfrei reagieren kann, sollte man ihm mit Achtung und Respekt begegnen. Das bedeutet: ehrliches Zuhören. „Das Problem ist: Wir hören zu, um zu antworten, anstatt um zu verstehen“, analysiert  van der Brugge. Selbst nervös, die schwierige Botschaft anzubringen, vergessen wir die Reaktion unseres Gegenübers wirklich wahrzunehmen.

Den Pausenknopf drücken Doch selbst bei aller Vorsicht kann ein Gespräch einmal aus dem Ruder laufen. Fühlt  man plötzlich die Lust, den anderen anzuschreien, heißt es innehalten und  sich die ursprüngliche Motivation für das Gespräch in Erinnerung rufen. „Es hilft, von  Anfang an ein klares Bild vom Ausgang des Gespräches zu haben“, sagt van der Brugge: „Sonst navigieren wir quasi blind durch das Gespräch, wie in einem Nebel.“ Wenn das Gespräch in einen Streit zu kippen droht, lautet ihre  Erste-Hilfe-Maßnahme, den „Pausenknopf“ zu drücken. „Manche Manager malen sich in Meetings tatsächlich einen Punkt auf einen Zettel, der für sie dann buchstäblich der Pausenknopf ist“, erzählt sie. Durch diese Gewohnheit bringt man eine minimale Pause zwischen Reiz und Reaktion. Diese reicht aus, die Emotionen nicht hochkochen zu lassen.

BUCHTIPP: Heikle Gespräche. Von Kerry Patterson, Joseph Grenny, Ron McMillan und Al Switzler. Linde Verlag 2012. Preis19,90 Euro.